Die wunderschöne Bibliothek von St. Gallen stand schon lange auf meiner Wunschliste. Da St. Gallen ein perfektes Ausflugsziel vom Bodensee oder vom Westallgäu aus ist, habe ich zuerst einen Ausflug nach St. Gallen gemacht. Die Stiftsibliothek von St. Gallen ist die perfekte Sehenswürdigkeit für alle Buchliebhaber. Aber auch das Stiftsmuseum und die prunkvolle Kathedrale von St. Gallen waren ein einmaliges Erlebnis. Das Kloster von St. Gallen soll über 1300 Jahre alt sein, dementsprechend viel gibt es hier zu entdecken. Heute möchte ich Euch zeigen, warum sich ein Ausflug nach St. Gallen lohnt und was es im Stiftbezirk St. Gallen und auch in der Stadt zu entdecken gibt.
Um die Klostergründung von St. Gallen rankt sich eine Legende. Der heilige Gallus war ein irischer Wandermönch und Missionar, der die Heiden im Bodenseeraum bekehren wollte. Gallus und der Mönch Hiltibod lebten als Eremiten in einer Klause. Eines Nachts wurden sie von einem Bären angegriffen, doch Gallus befahl dem Bären, im Namen Gottes Holz ins Feuer zu legen. Der Bär trug das Holz brav zum Feuer und wurde dafür mit Brot belohnt. Danach ging der Bär weg und kam nicht wieder. Hiltibod verbreitete die Geschichte und die Menschen glaubten ihm. Seither wird Gallus mit einem Bären als Insignium dargestellt und der Bär ist im Wappen der Stadt St. Gallen zu sehen. Gallus und Hiltibod versammelten viele Jünger um sich. Die Einsiedelei wurde immer größer und die Anhänger des Gallus lebten dort gemeinsam. Diese klosterähnliche Gemeinschaft von Gallus gilt als die erste Klostergründung im Bodenseeraum. Die Abtei St. Gallen wurde jedoch erst rund 70 Jahre nach dem Tod des heiligen Gallus gegründet. An der Stelle des ersten Klosters gründete der Mönch Othmar eine Abtei, die er St. Gallen nannte.
Seit 1983 steht die Bibliothek St. Gallen zusammen mit dem ganzen Stiftbezirk auf der Welterbeliste der UNESCO. Dies vor allem wegen der Bibliothek und der erhaltenen frühmittelalterlichen Handschriftensammlung. Doch der ganze Stiftsbezirk gehört zu den ältesten kulturellen Zentren Europas. Die Abtei St. Gallen ist das zweitälteste Kloster auf alemannischen Boden. Bereits um das Jahr 800 gab es im Kloster St. Gallen ein Skriptorium. Sowohl Handschriften und Bücher wurden hier geschrieben. Denn im Mittelalter waren die Mönche und Nonnen oft die einzigen, die lesen und schreiben konnten.
Die Bibliothek befindet sich in einem prachtvollen Barocksaal, die kostbaren Bücher stehen in geschwungenen Regalen. Schon der erste Blick ist wunderschön. Die Bücher sind zum Teil sehr alt, einige der ältesten Exemplare sind in Vitrinen ausgestellt und erläutert. Es ist eine der ältesten und bedeutendsten Bibliotheken der Welt. Das Einzigartige an dieser Bibliothek ist, dass hier Bücher und Handschriften aus mehr als 1000 Jahren aufbewahrt werden. Es gibt heute kaum noch einen so großen zusammenhängenden Schriftenbestand. Viele Bibliotheken wurden im Laufe der Jahrhunderte zerstört, Kriege oder Brände aber auch Reformation und Säkularisation haben zur Vernichtung oder Auflösung wertvoller Bibliotheken geführt. Die Bibliothek von St. Gallen blieb erhalten und ist deshalb einzigartig. Sie enthält 857 Urkunden aus dem Frühmittelalter, also aus der Zeit zwischen 700 und 1000. Das ist die weltweit größte Urkundensammlung der Zeit der Merowinger und Karolinger.
Doch auch weltliche Literatur findet man in der Bibliothek. Dazu gehören die ältesten bekannten Abschriften der höfischen Epen Parzival oder Nibelungenlied. Auch das älteste erhaltene Buch in deutscher Sprache ist dort zu finden, es handelt sich dabei um ein lateinisch-althochdeutsches Glossar aus dem 8. Jahrhundert.
Spätestens seit dem 9. Jahrhundert gab es im Kloster St. Gallen eine Schreibwerkstatt, denn Klöster waren oft Orte der Gelehrsamkeit. Fast alle Urkunden der damaligen Zeit wurden im Kloster geschrieben. Mit der Zeit wuchs die Zahl der Urkunden und sie wurden in Bücher gefasst. Über dem Haupteingang der Bibliothek steht die griechische Inschrift „Heilstätte der Seele“ oder „Seelenapotheke“. Was für wahre Worte, denn Bücher erfüllen diesen Zweck perfekt.
Auch eine Mumie und zwei ägyptische Sarkophage sind in der Bibliothek ausgestellt. Doch was hat eine ägyptische Mumie in einer Klosterbibliothek zu suchen? Seit dem 17. Jahrhundert war es durchaus üblich, dass wohlhabende Adlige oder auch reiche Klöster eine Kunstkammer oder ein Kuriositätenkabinett besaßen. Auch im Kloster St. Gallen wurden „Seltenheiten aus Natur und Kunst“ gesammelt und ausgestellt. Die Mumie mit den ägyptischen Sarkophagen befindet sich seit Anfang des 19. Jahrhunderts in St. Gallen. Im 19. Jahrhundert brach in Europa die Ägyptomanie aus. Das Interesse an der ägyptischen Geschichte und Kultur wurde durch Ausgrabungen geweckt und gefundene Artefakte wurden nach Europa verschifft und verkauft. Es war „en vogue“ ägyptische Grabungsfunde zu besitzen.
Die ägyptische Mumie in der Bibliothek St. Gallen wird Shepenese genannt. Es handelt sich um eine Frau, die Tochter eines Amunpriesters. Shepenese wurde in beiden Särgen bestattet. Der Innensarg hat die Form eines Körpers und ist reich verziert und bemalt. Der Außensarg ist eher schlicht und diente wahrscheinlich zum Schutz des Innensarges.
Im Gewölbekeller des Klosters ist eine Ausstellung über die Geschichte des Klosters zu sehen, die Stationen werden anhand verschiedener kostbarer Manuskripte und Exponate erzählt. Sehr interessant fand ich die Sage von der Gründung des Klosters, denn der heilige Gallus ist mir immer wieder im Bodenseeraum begegnet. In der Ausstellung kann man mehr sehr alte und sehr wertvolle Bücher sehen, z.B. das Evangelium Longum, ein Evangeliar aus dem Jahre 895. Es ist ein handgeschriebenes und gemaltes Buch, dessen Einband mit Elfenbeinschnitzereien verziert ist. Die Elfenbeintafeln sollen Karl dem Großen als Schreibunterlage gedient haben. Als Buchdeckel fanden sie eine zweite Verwendung.
Einzigartig ist auch der St. Galler Klosterplan, der älteste bekannte Architekturplan der Welt. Er wurde von Mönchen vor dem Jahr 830 gezeichnet und zeigt den Aufbau einer Klosteranlage. Es ist die einzige erhaltene Architekturzeichnung aus dem frühen Mittelalter.
Stiftsbezirk St. Gallen, Klosterhof 6, 9000 St. Gallen
Öffnungszeiten: Montag bis Sonntag 10:00 – 17:00 Uhr
Die opulente Barockkathedrale von St. Gallen prägt die Innenstadt. Die prachtvolle Kirche wurde Mitte des 18. Jahrhunderts erbaut und ist so reich und prächtig ausgestattet, dass ich gar nicht wusste, wo ich zuerst hinschauen sollte. In der Kirche befinden sich seltene Kunstwerke wie das geschnitzte Chorgestühl und das Chorgitter. Besonders beeindruckend sind die Deckenfresken mit einer riesigen Kuppel und Abbildungen von Heiligen. An der Ostseite, wo sich angeblich das Grab des heiligen Gallus befand, wird seine Reliquie ausgestellt. Es handelt sich um ein Stück seines Schädels.
Bereits um 720 gab es in St. Gallen eine erste Klosterkirche, auf deren Grundmauern heute der Stiftsbezirk steht. Die alte Kirche wurde immer wieder erweitert und umgebaut, doch im 18. Jahrhundert war sie so baufällig, dass sie abgerissen wurde und die neue, heutige Barockkirche errichtet wurde.
Öffnungszeiten der Kathedrale: täglich 7.00 bis 18.00 Uhr
In St. Gallen ist nicht nur der Stiftsbezirk sehenswert, auch die ganze Altstadt ist schön und attraktiv. Die alten Fachwerkhäuser und die kunstvoll verzierten Erker sind einzigartig. Außerdem gibt es in der Stadt viele Cafés und kleine Geschäfte, so dass ein Bummel dort sehr viel Spaß macht.
Es gibt aber auch noch mehr sehenswerte Orte. Die evangelische Kirche St. Laurenzen wurde im 12. Jahrhundert im gotischen Stil erbaut und Mitte des 19. Jahrhunderts im neugotischen Stil umgebaut. Die Kirchenausstattung und die Wandmalereien sind so farbenfroh und filigran, dass ich mich nicht satt sehen konnte. Der Historismus ist eine meiner liebsten Kunstepochen, weil die Gebäude oft wie aus einer fernen Vergangenheit wirken, aber prunkvoller ausgestattet und feiner gearbeitet sind.
Auch das Kunstmuseum St. Gallen hat mir sehr gefallen, weil man dort hochkarätige Kunst aus dem 19. und 20. Jahrhundert bewundern kann. Man findet dort Werke z. B. von Franz von Stuck, Anselm Feuerbach, Franz von Lenbach, Claude Monet, Camille Pissarro, aber auch Paul Klee oder Andy Warhol.
Kunstmuseum St. Gallen, Museumstraße 32, 9000 St. Gallen, Schweiz
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10.00 bis 17.00 Uhr, Donnerstag bis 20.00 Uhr
Liechtenstein soll das am wenigsten touristisch bereiste Land sein. Schaut Euch meinen Artikel über die Sehenswürdigkeiten in Liechtenstein an. Dann könnt Ihr Euch selbst ein Bild über Liechtenstein machen.
Auf dem Blog Reise-zeit.com findet Ihr viele Tipps für die Altstadt von St. Gallen und Ausflugsziele in der Umgebung.
Bei Travelita findet Ihr Ausflugsziele auf der schweizer Seite des Bodensees.
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