Die mächtigen Megalithanlagen wie Stonehenge in Südengland, die Streinreihen von Carnac in der Bretagne oder die Megalithtempel auf Malta faszinieren die Menschen seit Jahrhunderten und gehören zu den beliebtesten Ausflugszielen. Dass es ähnliche Grab- und Kultstätten auch in Norddeutschland gibt, weiß kaum jemand. Die Megalithmonumente sind im Emsland besonders zahlreich, man kann eine Fülle von Dolmen, Steinkammergräbern, Gang- oder Hügelgräbern im Emsland und in den benachbarten Niederlanden entdecken. Ich zeige Euch die schönsten Megalithanlagen im Emsland, erzähle aber auch etwas über die Häufung, Bedeutung und die Sagen und Legenden, die von den Riesen-Steine handeln.

begehbares Hügelgrab im Emsland, Straße der Megalithkultur im Emsland
Das begehbare Hügelgrab ist im Emsland einzigartig. Es war zerstört, wurde aber rekonstruiert. Ich fühlte mich manchmal wie Lara Croft.

Warum gibt es so viele Megalithgräber im Emsland?

Im Nordwesten von Deutschland gibt es mehr als 100 der steinernen Riesengräber. Doch warum kommen sie gerade in dieser Gegend so zahlreich vor? Die Lösung ist einfach. Dort wo die Menschen die größten Steine gefunden haben, konnten sie auch die größten Steingräber bauen. Am Meer findet man die zahlreichsten Findlinge, denn durch das Abschmelzen der Gletscher der Eiszeit wurden die Steine durch das Wasser transportiert und blieben irgendwann einfach liegen – daher die Küstennähe. Stonehenge war eine besonders wichtige rituelle Anlage, daher wurden die Steine hunderte Kilometer transportiert. Das war jedoch nicht die Regel. Die Menschen der Steinzeit haben die Steine genutzt, die sie gerade finden konnten. Vom Osnabrücker Land bis zum Emsland führt die Straße der Megalithkultur. Hier findet man zahlreiche sehr sehenswerte Megalithgräber, von denen ich Euch die schönsten zeigen werde.

Möchtet Ihr mehr über die Straße der Megalithkultur im Osnabrücker Land erfahren? Dann lest meinen anderen Artikel: . Dort findet Ihr einige Empfehlungen für Dolmen und Steinkammergräber rund um Osnabrück, deren Bedeutung und die Sagen und Legenden.

Wie alt sind die Megalithgräber?

Die Hünengräber und Domen im Emsland sind älter als die Pyramiden! Sie gehören zu den ältesten Bauwerken der Menschen. Errichtet wurden die Megalithgräber in der Steinzeit, etwa 3500 bis 2800 vor Christus. Obwohl man heute mehr als 100 der Hünengräber an der Straße der Megalithkultur findet, ist nur noch ein kleiner Bruchteil erhalten geblieben. Wissenschaftler vermuten, dass nur 5 bis 10 % der Megalithmonumente noch existieren, die meisten wurden im Laufe der Jahrtausende zerstört. Die Menschen hatten Angst vor den sagenumwobenen Gräbern, sie wurden als Werke des Teufels angesehen. Die Zerstörung der Großsteingräber begann schon im frühen Mittelalter, um das Jahr 700 nach Christus beschoss die christliche Kirche, alle heidnischen Steinmonumente zu zerstören. Auch Karl der Große verfolgte das Ziel und ließ alles Heidnische zerstören. Erst ab dem Ende des 18. Jahrhunderts begannen die Menschen sich für die wahre Geschichte der Megalithmonumente zu interessieren. Doch bis heute haben die mystischen Steine nichts von ihrer geheimnisvollen Aura eingebüßt.

Straße der Megalithkultur in den Niederlanden, Großsteingräber bei Emmen
In der Steinzeit gab es keine Grenzen, daher findet man auch in den Niederlanden eine Vielzahl von Megalithgräbern.

Sagen und Legenden um die alten Steine

Früher konnten die Menschen sich nicht vorstellen, was diese monumentalen Steingebilde sein sollen. Die Menschen glaubten, dass es sich um Bauwerke von Riesen handelt, zum Beispiel um einen Tisch oder ein Bett eines Riesen. Es musste etwas von den Riesen sein, denn normale Menschen konnten so etwas nicht bauen. Andere Epochen wiederum glaubten, dass es sich um Bauwerke des Teufels handelt, denn normale Menschen konnten so etwas nicht bauen. Dass in den Gräbern Skelette gefunden wurden, feuerte die Fantasie der Menschen noch mehr an. Bei den Steingebilden muss es sich um Opferstätten handeln, wo die Riesen unschuldige Menschen und sogar Kinder ihren heidnischen Göttern opferten. Oder aber waren es die Kultplätze des Teufels, wo die Menschen dem Teufel ein Opfer brachten.

Hünengräber an der Straße der Megalithkultur im Emsland

Sowohl im Osnabrücker Land als auch im Emsland findet man sehr viele Steingräber, deutschlandweit findet man dort die größte Häufung der Hünengräber. Im nachfolgenden Abschnitt zeige ich Euch die imposantesten Steinkammergräber und Dolmen, denn es würde den Umfang des Artikels sprengen, alle zu zeigen. Auch habe ich nicht alle Megalithgräber im Emsland besucht, denn nach drei Tagen Stein-Sightseeing hatte sogar ich ein Sättigungsgefühl.

Hünengräberstraße des Hümmling bei Groß und Klein Berßen

Zwischen den Orten Groß Berßen und Hüven findet man eine Vielzahl imposanter Grabanlagen aus der Jungsteinzeit, Hünengräberstraße des Hümmling wird der Abschnitt genannt. Schon alleine hier befinden sich auf etwas mehr als einem Kilometer 9 steinzeitliche Gräber. Diese Dichte an Megalithgräbern ist absolut ungewöhnlich. Es gibt dort so viele Großsteingräber, dass mehrere nur eine Nummer und keinen Namen haben. Es wird vermutet, dass schon in der Steinzeit eine wichtige Handelsstraße hier entlangführte, daher die Häufung der Gräber. Zu den imposantesten gehören das Wappengrab im Ipeken, das Königsgrab und das rekonstruierte Großsteingrab mit begehbarer Grabkammer. Diese Grabanlagen sind in der Jungsteinzeit, zwischen 3500 und 2800 vor Christus entstanden, erbaut wurden sie von den Menschen, die zur Trichterbecherkultur gehören. Besonders viele Fundstücke aus dieser Zeit wurden im Ganggrab gefunden.

Entlang der Hünengräberstraße im Emsland findet man eine große Zahl von kleinen und großen Großsteingräbern.

Großsteingräber bei den Düvelskuhlen – unweit von Sögel

Sögel ist vor allem für das prachtvolle Schloss Clemenswerth bekannt, doch in der Umgebung findet man auch zwei imposante Großsteingräber. Düvelskuhlen sind kleine Seen, die einer Sage nach vom Teufel gemacht wurden. In der Nähe des Wassers befinden sich die Steingräber, daher der Name. Eins der Großsteingräber ist ein Hünenbett, ein von Steinen umrandetes rechteckiges Langgrab. Diese Art der Gräber ist in Deutschland eher selten, häufig sind sie in Skandinavien anzutreffen.

Großsteingrab „Auf Bruneforths Esch“ bei Groß Stavern

Das Grab ist mächtig und groß, zählt daher zu den sehenswertesten Großsteingräbern in Deutschland. Besonders ist das Grab jedoch, weil es früher als ein Ort der Rechtsprechung galt. Zu einem Gerichtsort wurde das Steingrab aber erst Jahrtausende nach der Erbauung. Vor allem aus Skandinavien kennt man es, dass Dolmen und Großsteingräber als Thingplätze genutzt wurden, nachgewiesen wurde es aber auch in Deutschland und ganz Europa. Auch dieses Grab wurde bis zur Neuzeit als Ort der Gerichtsbarkeit genutzt. Doch wo kommt der Name „Bruneforths Esch“ her? Darüber erzählt eine Legende. Bruneforth und Tinnen waren zwei befreundete Riesen, die gerne gemeinsam Brot buken. Sie hatten ein vereinbartes Zeichen, um sich gegenseitig zu informieren, wenn sie Brot backen wollten. Doch Bruneforth machte das Zeichen mal aus Versehen und Tinnen war so wütend, dass er ihm tötete. Nach der Tat war Tinnen voller Reue und baute das Steingrab für Bruneforth.

Großsteingrab in der Kunkevenne bei Thuine

Diese Steingrabanlage in der Kunkevenne gehört zu denn flächenmäßig größten in Norddeutschland. Ich schreibe bewusst Steingrab-Anlage, denn auf mich machten die Gräber den Eindruck, als ob es mehrere wären. Ob es ein Großsteingrab oder mehrere sind, kann ich nicht sagen, doch schon wegen der Größe lohnt sich ein Besuch. 17 Decksteine sind in der Grabanlage aneinandergereiht. Im Inneren des Grabes fand man nicht nur menschliche Knochen, sondern auch Bernsteinschmuck, verzierte Keramikscherben und Steingeräte.

Auf dem Foto sieht man nur einen Teil der sehr langen Grabanlage.

„Der Steinerne Schlüssel“ bei Meppen

Auch wenn dieses Steinkammergrab eher klein und unscheinbar ist, ist es wahrhaft sagenumwoben. Einst soll es sieben Großsteingräber in der Umgebung gegeben haben, doch ein junger Mann soll begonnen haben, sie zu zerstören, weil er die zerkleinerten Steine gut verkaufen konnte. Trotz Warnungen vor der Rache der Hünen hat er sechs der sieben Gräber zerstört. Doch beim siebten Hünengrab wurde er mit einer klaffenden Wunde aufgefunden und starb. Angeblich hat ihn ein großer geheimnisvoller Hund gebissen. Seitdem hatten die Menschen Angst vor der Zerstörung des Grabes und es ist für uns erhalten geblieben.

Eine andere Sage erzählt vom Namen des Megalithgrabes „Der Steinerne Schlüssel“. Die Domen sollen früher als Fruchtbarkeitsschlüssel gegolten haben. Die Menschen glaubten, dass Säuglinge unter den Steinen hervorgeholt werden konnten. Fruchtbarkeitsriten wurden bis zum 20. Jahrhundert dort verübt. Frauen rutschten an den Steinen herunter, in der Hoffnung, dass sie durch die Kraft der Steine schneller schwanger werden.

Der steinerne Schlüssel, Ritualplatz und Dolmen im Emsland.
Zwar recht klein, doch sagen- und rätselhaft ist der Steinerne Schlüssel.

Megalithgräber bei Emmen in den Niederlanden

Wenn ich im Grenzgebiet bin, zieht es mich ins Nachbarland. Denn nicht nur im Emsland findet man eine unglaubliche Dichte von Megalithanlagen. Auch in den benachbarten Niederlanden wird die Straße der Megalithkultur fortgesetzt. Wie im Emsland, findet man die größte Großsteingräberdichte in der Provinz Drenthe, zwischen Emmen und Groningen. Hier eine Auswahl der imposanten Grabanlagen in der Nähe von Emmen.

Großsteingrab Emmerdennen D45

Östlich von Emmen in einem schönen Waldstück findet man das riesige Ganggrab Emmerdennen, errichtet auf einer Düne. Das Grab ist sehr imposant, schon der damalige holländische König Louis Napoleon Bonaparte, der Bruder des Kaisers Napoleon I. soll hier auf den Steinen posiert haben. Er soll sogar mit seinem Pferd über die Steine geritten sein. Darauf wird heute auf einer Informationstafel hingewiesen, mit der Bitte, die Steine nicht zu besteigen.

Großsteingräber Emmerveld D38 – D40

Im Wald westlich von Emmen findet man drei Gräber, die fast nebeneinander liegen. Einst gab es vier, ein Grab ist jedoch zerstört worden. Die Gräber liegen auf einer Heidewiese, umgeben von Wäldern, wir haben eine kleine Wanderung dorthin gemacht. Geschulte Augen können erkennen, dass die Großsteingräber von vielen Hügelgräbern umgeben sind, denn auf der Lichtung befindet sich ein altes Gräberfeld.

Karte der Großsteingräber im Emsland und den Niederlanden

Mehr Reiseempfehlungen zu Megalithmonumenten in Deutschland und Empfehlungen für das Emsland

Straße und Radroute der Megalithkultur im Osnabrücker Land
Megalithkultur in Ostwestfalen – Steinkammergräber bei Paderborn
Hünen.KulTour – Megalithgräber auf Sylt
Emsland Sehenswürdigkeiten – Was kann man im Emsland machen?

Buchempfehlungen* (Links zu amazon.de)

Der beste Reiseführer, um die Straße der Megalithkultur zu erkunden, ist das Buch „Steinzeitzeugen“ von Annette Bußmann*. Hier findet man umfassende Informationen zu jedem Großsteingrab entlang der norddeutschen Straße der Megalithkultur. In dem Buch findet man aber auch Informationen über archäologische Ausgrabungen oder Sagen und Legenden.

*Bei diesen Links handelt es sich um Affiliate-Links zu Amazon.de. Das bedeutet, wenn Du über diesen Link etwas bestellst oder buchst, bekomme ich eine kleine Provision, es kostet Dich jedoch nicht mehr.

Erstellt am Dezember 13, 2022

Ähnliche Posts


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert