Tag des offenen Denkmals findet jährlich im September statt und ist für mich inzwsichen zu einem Pflichttermin geworden. Ich versuche, an diesem Sonntag keine Reisen zu planen und keine anderen Termine zu vereinbaren. Denn am Tag des offenen Denkmals bekommt man Objekte zu sehen, die oft für Besucher nicht zugänglich sind, dazu gibt es kostenlose Führungen und verschiedene andere Angebote. Zu sehen bekommt man alle Projekte, die im laufenden Jahr von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gefördert wurden. Daher wechselt das Angebot der offenen Denkmäler jährlich, es gibt aber auch viele Denkmäler, die jedes Jahr dabei sind. Hier zeige ich Euch, welche Denkmäler ich letztes Jahr besucht habe – es sind Tipps für den Tag des offenen Denkmals in Ostwestfalen.
Bei meinem Blog ist eine Burg natürlich ganz wichtig, daher kommt die Holsterburg an erster Stelle meiner Tipps für den Tag des offenen Denkmals in Ostwestfalen. Ich bin in der Nähe von Warburg aufgewachsen und schon als Jugendliche habe ich mit meinem Vater die alten Gemäuer unserer Gegend erkundet. Doch die Holsterburg kannte ich gar nicht – es gab sie damals noch nicht. Also es gab sie schon, doch die Mauern waren von vielen Erdschichten bedeckt. Dass darunter eine Burg schlummert und sogar eine ganz besondere Burg, war nicht bekannt. Eine Holzburg oder Motte wurde an der Stelle vermutet, daher fanden dort ab 2010 archäologische Ausgrabungen statt.
Was zum Vorschein kam, waren die Mauern einer achteckigen Burganlage aus der Stauferzeit. Eine achteckige Burg ist absolut selten, ähnliche Burgen aus jüngerer Zeit findet man im Elsaß und in Baden-Württemberg.
Somit ist die Holsterburg die nördlichste Achteckburg Europas. Die achteckige Bauweise der Burg hatte besondere Symbolwirkung, denn die Zahl 8 stand für Vollkommenheit (In 7 Tagen erschuf Gott die Erde, am 8 Tag war alles perfekt). Weitere berühmte Achteckbauten sind z. B. der Felsendom von Jerusalem oder die Burg Castel del Monte in Süditalien, übrigens auch eine Stauferburg.
Erbaut wurde die Holsterburg vermutlich um 1191 vom Rittergeschlecht Berkule, den Vorfahren der Grafen von Callenberg. Die Ritter Berkule drangsalierten ihre Bauern enorm, daher waren sie in der ganzen Gegend unbeliebt. Die Bauern flohen in die naheliegende Stadt Warburg, was zur Fehde zwischen dem Rittergeschlecht und der Stadt führte. Die Folge war die Zerstörung der Burg, schon 100 Jahre nach ihrer Errichtung.
Nach der Fehde und der Zerstörung der Burg 1294 wurde die Ruine zugeschüttet, vermutlich um sie aus der Erinnerung der Menschen zu streichen. Dem haben wir heute zu verdanken, dass der Zustand der Burg aus dem Jahr 1294 erhalten geblieben ist und die Archäologen die Burg unverändert vorgefunden haben.
Als die Ausgrabungen beendet waren, wurde es in Betracht gezogen, die Burganlage wieder zuzuschütten, um sie für die nachfolgenden Generationen zu konservieren. Die Burganlage wird aber “aufgedeckt” bleiben und für Besucher zugänglich gemacht werden. Nun hat Warburg neben der Desenburg eine zweite Burganlage.
Für mich war das ein unglaubliches Erlebnis, eine Burg zu besuchen, von deren Existenz vor paar Jahren noch nichts bekannt war. Hinzu kommt, dass die Holsterburg eine besondere und absolut seltene Burganlage ist.
Die nächste Station war ein syrisch-orthodoxes Kloster. In einem ehemaligen Dominikanerklosters im ostwestfälischen Warburg findet man heute den Hauptsitz der syrisch-orthodoxen Kirche in Deutschland. Bis dato wusste ich kaum etwas über die syrisch-orthodoxe Kirche, ich habe gehört, dass es sie gibt, mehr aber nicht. Das imposante Klostergebäude im Stil der Neogotik erinnert ein wenig an Hogwarts. In den Jahren 1892-1993 wurde das Gebäude als Dominikanerkloster genutzt, bis die Dominikaner diese Niederlassung aufgaben. Seit 1996 ist der Klosterkomplex im Besitz der syrisch-orthodoxen Kirche, es ist der Hauptsitz in Deutschland und gleichzeitig Bischofssitz.
In einigen Räumen wurde ein Museum eingerichtet, mit wenigen, aber alten und interessanten Exponaten. Alte Schriftensammlungen, Bibeln und Reliquien, die das Kloster zu einem Wallfahrtsort machen, werden dort ausgestellt. Zur Sammlung gehört sogar ein angebliches Stück aus der Gürtelkordel von Maria.
Die syrisch-orthodoxe Kirche entwickelte sich aus dem Patriarchat von Antiochien, es ist die zweitälteste christliche Kirche nach der Urgemeinde von Jerusalem. Die Kirche ging aus den christlichen Gemeinden in den jetzigen syrischen Gebieten hervor.
Im Rahmen des Tages des offenen Denkmals hat die syrisch-orthodoxe Gemeinde ein Fest der Begegnung gefeiert. Neben Führungen durch das Kloster und vielen Gesprächen wurde ein orientalisches Buffet angeboten, man konnte interessante Gerichte und köstliche Süßspeisen probieren. Es war auch etwas ganz besonderes, die aramäische Sprache zu hören, denn es ist die alte Sprache, die von Jesus gesprochen wurde. Hier hat der Besuch einfach Spaß gemacht, denn dieses Kloster ist nur selten für das Publikum geöffnet.
Der Besuch des letzten Denkmals, der optischen Telegrafenstation war der Wunsch meines Mannes – ich konnte mir nicht viel darunter vorstellen. Der Preußische Optische Telegraf war ein Kommunikationssystem zwischen Berlin und Koblenz, bei dem Nachrichten durch optische Signale verschickt wurden. Der Signalmast der Telegrafenstation hatte mehrere Flügel und an deren Einstellungen waren die Buchstaben ablesbar. Die Strecke zwischen Berlin und Koblenz war durch 62 Telegrafenstationen verbunden und nur die ausgebildeten Telegrafisten konnten die verschlüsselten Codes entziffern und weiterleiten.
Nach dem Besuch war ich doch fasziniert von der zwar altmodischen, aber sehr raffinierten Technologie. Die Telegrafenstrecke zwischen Berlin und Koblenz war übrigens die einzige in Deutschland.
Für mich ist der “Tag des offenen Denkmals” inzwischen zu einem festen Termin geworden, auf den ich mich das ganze Jahr freue. An dem Tag bekommt man Einblicke in Denkmäler, die in der Regel nicht zugänglich sind. Zudem sind Eintritte und Führungen oft kostenlos, manchmal gibt es Speisen oder Kaffee und Kuchen. Es ist jedes Jahr ein Tag voller unterschiedlicher Erlebnisse, weil die Denkmäler so vielfältig und einzigartig sind.
Wenn Ihr Interesse habt, den Tag des offenen Denkmals 2019 zu besuchen, dann reserviert jetzt schon den Sonntag, 08.09.2019 in Euren Kalendern. Es ist immer das zweite Wochenende im September. Laut der Vorankündigung wird das Thema Bauhaus eine große Rolle spielen.
Mehr Infos zum Tag des offenen Denkmals in Ostwestfalen und deutschlandweit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz findet Ihr auf der Webseite Tag des offenen Denkmals 2019.
Das sind mal wieder tolle Bilder liebe Eva!
Liebe Wochenendgrüße!
Danke Dir liebe Jenny!
Hallo Eva,
deine Berichte über die Denkmäler in Warburg habe ich sehr gern gelesen. Ich bin mit meinem Hund auch jahrelang an diesem Hügel über der Holsterburg vorbei gegangen. Ein Bekannter erwähnte einmal: „Da ist was drunter!“ Wie schön, dass wir die Generation sein dürfen, die die Ausgrabung nach vielen, vielen Jahrhunderten erleben.
Da wir auch viel reisen, freue ich mich, deinen Blog gefunden zu haben.
Freundliche Grüße
Ingrid M. Wolf
Danke liebe Ingrid! Ich finde es auch unglaublich spannend, dass die Burganlage gerade in unserer Zeit entdeckt wurde. Und noch spannender ist, wenn sich die Vermutung von Deinem Bekannten bewahrheitet hat.
Herzliche Grüße!