Wien ist ein wenig morbider als andere Städte, die Verkörperung des Todes ist hier allgegenwärtig. Neben den zahlreichen Schädelreliquien in den Schatzkammern, den prunkvollen Barocksärgen in den Grüften gibt es zahlreiche interessante Friedhöfe. Der Zentralfriedhof in Wien ist der größte der Stadt und einer der größten Friedhöfe in Europa. Gleichzeitig ist der Zentralfriedhof in Wien auch ein Promi-Friedhof, denn hier findet man die Gräber von unglaublich vielen bekannten Persönlichkeiten. Schon alleine wegen der Promidichte zählt Zentralfriedhof zu den Top Sehenswürdigkeiten von Wien. Hier kann man aber noch sehr viel mehr entdecken.
Das Friedhofsgelände ist riesig! Drei Stunden war ich auf dem Friedhof unterwegs, doch gesehen habe ich nur ein Bruchteil. Der Friedhof hat ingesamt 11 Eingänge! Wenn man mit der S-Bahn zum Friedhofsgelände anreist, kommt man am alten jüdischen Teil des Friedhofes an. Das war für mich der stimmungsvollste Teil, schon dort habe ich mich sehr lange aufgehalten. Dann ging es zum Ehrenhain, wo die Prominenz begraben ist. Danach waren die drei Stunden schon fast vorbei und ich musste das Gelände verlassen, denn in den Wintermonaten schließt der Friedhof um 18.00 Uhr.
Erbaut wurde der Friedhof nach dem Erlass der „Josephinischen Reformen“ 1784, als Friedhöfe aus den Innenstädten verbannt wurden, um Seuchen zu verhindern. In Deutschland wurde diese Reform erst durch Napoleon eingeführt. Im 19. Jahrhundert wuchs die Zahl der Einwohner sehr stark an. Ende des 19. Jhdt. zählte die Stadt über 2. Millionen Einwohner, das ist mehr als heute. Die städtischen Friedhöfe waren schnell überfüllt, daher errichtete der Gemeinderat 1863 den Zentralfriedhof. Der Friedhof war von Anfang an interkonfessionel, was die große Anzahl teils sehr exotischer Gräber erklärt. Neben den christlichen Konfessionen findet man dort buddhistische, orthodoxe, islamische und mormonische Gräber.
Auf dem alten Teil des Zentralfriedhofs befindet sich der jüdische Friedhof. Dieser Teil gehört für mich zu den interessantesten und stimmungsvollsten Ecken, denn die alten, zum Teil verfallenen Grabsteine sind bewachsen und von Pflanzen umrankt. Das finde ich schön. Die Vergänglichkeit und Vergessenheit ist hier ganz besonders spürbar, doch gerade diese Atmosphäre macht den jüdischen Friedhof besonders geheimnis- und stimmungsvoll. Der Teil des Zentralfriedhofs in Wien gleicht nicht einer Parkanlage, sondern einem verlassenen und verwilderten Garten.
Nicht nur die Stimmung eines Lost Places macht den jüdischen Teil des Friedhofs zu etwas Besonderen, sondern auch die Tiere, die dort leben. Neben den vielen Vögeln, Eichhörnchen und nur einer scheuen Katze, habe ich eine Vielzahl Rehe und Hirsche entdeckt. Es waren mehrere Herden dort, die an verschiedenen Stellen grasten. Dieses Wild war überraschend wenig ängstlich, es lief erst weg, als man in deren Nähe war. Solche überraschenden Begegnungen mit Wildtieren auf einem Friedhof sind für mich oft völlig unerwartet. Doch gerade auf großen und alten Friedhöfen kann man häufiger Wildtieren begegnen, wie z. B. Füchsen inmitten von London.
So viele Gräber bekannter Persönlichkeiten wie in Wien habe ich bisher nur in Paris auf dem Père Lachaise gesehen. Alleine schon deswegen lohnt sich ein Besuch auf dem Zentralfriedhof in Wien. Die Gräber bedeutender Persönlichkeiten wurden verlegt, die Toten umgebettet und dadurch fast alle auf dem Zentralfriedhof versammelt. Lediglich das Grab von Mozart ist kein Grab, sondern nur ein Denkmal, da Mozart auf dem St. Marxer-Friedhof begraben wurde. Mozart konnte nicht umgebettet werden, denn er wurde in einem Massengrab beerdigt, daher ist die genaue Lage seiner Ruhestätte nicht bekannt.
Beethoven und Johann Strauß, Brahms und Schubert habe ich besucht, aber auch Johann Nestroy, Franz Werfel oder Udo Jürgens. Leider war die Zeit zu knapp, um dem beliebtesten Grab des Friedhofs einen Besuch abzustatten, dem Grab von Falco. Die drei Stunden auf dem Friedhof sind zu schnell vergangen. Eine vollständige Liste der Ehrengräber findet ihr bei Wikipedia.
Der Zentralfriedhof in Wien ist unglaublich imposant. Ich freue mich schon auf den nächsten Besuch in Wien, damit ich die restlichen Teile des Friedhofs erkunden kann. Denn ich werde auf jeden Fall erneut den Zentralfriedhof besuchen. Es gibt aber noch andere interessante Friedhöfe, z. B. den St. Marx-Friedhof, den auch Genussbummler empfiehlt oder der Hietzinger Friedhof, den Ihr bei der Spaziergängerin sehen könnt.
Die Öffnungszeiten sind in den Winter- und Sommermonaten unterschiedlich.
November – Februar: 8.00 – 17.00 Uhr
März, Oktober: 07.00 – 18.00 Uhr
April – September: 07.00 – 19.00 Uhr
Der Zentralfriedhof ist mit ÖPNV sehr gut erreichbar. Mit der S-Bahn 7 kommt man in 10 Minuten von der Innenstadt zum Friedhof. Die S7 hält am Eingang 11, wo direkt der alte jüdische Friedhof beginnt.
Die Straßenbahnlinien 6 und 71 fahren auch von der Innenstadt zum Zentralfriedhof, hier sollte man aber eher 20-30 Minuten einplanen. Dafür halten die Straßenbahnen an verschiedenen Eingängen des Friedhofs, auch am Haupteingang.
Der Friedhof ist so groß, dass er eine eigene Buslinie hat, diese fährt halbstündig in der Zeit von 9.00 – 15.30 Uhr.
Für eine Friedhofserkundung vom Zentralfriedhof in Wien sollte man unbedingt eine Friedhofsübersicht haben, da man sich sonst gnadenlos verläuft und die wichtigen Gräber nicht findet. An jedem Eingang befindet sich eine Informationstafel, die man abfotografieren kann. Am Haupteingang gibt es auch einen kleinen Shop, wo ein Übersichtsplan des Friedhofs erworben werden kann.
hallo aus Frankreich,
Sie erwähnen Udo Jürgens ; man sieht aber Curd Jürgens Grab….
mfg
Ladyblack
Udo Jürgens ist weiter unten, das Grab, welches wie ein verhülltes Klavier aussieht.
Hallo aus Frankreich,
alles klar, ganz unten hatte ich es nicht gesehen. Tut mir Leid.
sonst bin ich ganz begeistert, von dem was Sie uns zeigen. Diese Friedhöfe werde ich ganz bestimmt besuchen, wenn ich mich mal in Berlin oder in Hamburg aufenthalte.
mit Ihren Artikeln kann ich Deutschland in meinem Sessel besichtigen
Vielen Dank für alles
Das freut mich, vielen Dank!!!
Deine Leidenschaft :).
Die Fotos sind toll geworden!
Liebe Sonntagsgrüße!
Wenigstens gelegentlich muss ich meinem ursprünglichen Thema, den alten Steinen treu bleiben. 🙂
Wunderbare Fotos ♥
Ich möchte ja auch unbedingt mal nach Wien und deine Fotos und Worte haben mich gerade in meinem Wunsch einmal wieder bestärkt.
Nicht nur der Friedhof ist was für Dich, auch die Kapuzinergruft :-).