Ganze zwei Tage Urlaub hatte ich noch dieses Jahr übrig, also mussten diese gut investiert werden. Da ich sowieso einen Teil der Weihnachtstage in der Nähe der niederländischen Grenze verbracht habe, war Holland natürlich naheliegend. Daher entschied ich mich, die Brückentage in Delft zu verbringen. Delft kannte ich bisher nur von der berühmten blau-weißen Keramik. Dass Delft die meistbesuchte Stadt der Niederlande nach Amsterdam ist, wusste ich nicht. Es wundert mich aber nicht, die relativ kleine Stadt hat eine unglaubliche Charme, eine wunderschöne Altstadt und viel Geschichte hat. Delft ist eine der ältesten Städte der Niederlande. Meine Empfehlungen für Sehenswürdigkeiten in Delft zeige ich Euch heute. Hier macht es einfach Spaß, durch die Gassen und entlang der Grachten zu schlendern, stressfrei einen Kaffee zu genießen oder die kleinen individuellen Shops zu besuchen. Delft ist eine charmante und entspannte Stadt, ein Besuch in Delft lohnt sich sehr.
Prinzenhof wird das frühere St. Agatha Kloster genannt. Wilhelm I. von Oranien vereinigte die sieben niederländischen Provinzen zu einem Staat und war somit der erste Herrscher von Niederlanden. Auf der Flucht hielt sich einige Monate in Delft auf und wählte das ehemalige Kloster zu seiner Residenz. Sein Aufenthalt in Delft währte nicht lange, da er hier von einem Attentäter ermordet wurde.
Der Prinsenhof ist heute ein Museum. Es ist ein Museum der Stadtgeschichte, aber auch der Unabhängigkeitsgeschichte der Niederlande, da Wilhelm I. die Niederlande vereinte und damit die Trennung von Spanien voranbrachte.
Ein Museum der Stadtgeschichte das ist nichts Ungewöhnliches, Besonders ist das Museum aber wegen der Ausstellung „Wahrheit oder Legende“. Dort werden ungewöhnliche und zum Teil skurrile Exponate gezeigt, deren Echtheit fraglich ist.
Ganz wichtig sind natürlich die Einschusslöcher, die beim Attentat auf Wilhelm I. entstanden sind. Die Löcher sind nachgebaut, denn die echten existieren nicht mehr. Die Besucher der letzten Jahrhunderte haben immer wieder daran gerieben und die Einschusslöcher „weggerieben“. Da Wilhelm der erste Herrscher ist, der mit einer Muskete ermordet wurde, wird auch diese gezeigt. Ihre Echtheit ist aber auch fraglich.
Sehr interessant fand ich den Griff aus dem Sarg von Karl Wilhelm Naundorff. Wer ist das? Es ist ein deutscher Uhrmacher, der in Delft lebte und bis zu seinem Tod behauptet hat, dass er der Sohn von Ludwig XVI. und Marie Antoinette ist. Interessant finde ich die Geschichte hauptsächlich wegen dem Bezug zur Dunkelgräfin, die angeblich eine Tochter des Herrscherpaars war.
Man kann einen Gesteinsbrocken vom Mond bewundern, der angeblich dem Niederländischen Premierminister von einem amerikanischen Astronauten geschenkt wurde. Da sich der Gesteinsbrocken aber als versteinertes Holz erwiesen hat, stimmt diese Geschichte auch nicht. In die Kategorie skurril gehört auch der Finger und die Zunge von Johann und Cornelis de Witt – zwei Staatsmänner die in Ungnade gefallen sind und deren Körper angeblich in Stücke gerissen wurden. Die Körperteile wurden von deren Anhängern aufbewahrt. Das Bummeln durch die Ausstellung hat mir viel Spaß gemacht, denn die Geschichte wird hier nicht ganz ernst genommen. Die Legenden, die Verschwörungen stehen im Mittelpunkt.
Die Neue Kirche ist eine der größten Kirchen in den Niederlanden und die Grabeskirche des Königsgeschlechts Oranien-Nassau. Das eher per Zufall, denn wie schon oben erwähnt, wurde Prinz Wilhelm von Oranien während seines Aufenthaltes in Delft ermordet, ist daher dort bestattet. Da er als der „Gründer der Niederlande“ gilt, werden seit dem Seit dem werden alle Mitglieder der Königsfamilie in der Krypta der Neuen Kirche beigesetzt. In die Krypta selbst haben Besucher keinen Zugang, eine Abbildung mit Erläuterung befindet sich in der Kirche. Lediglich der Prunksarg von Wilhelm und wenige andere befinden sich im Kirchenschiff. Neu ist die Kirche nicht, denn erbaut wurde sie um 1350. Diese Kirche ist sehr interessant, für mich zählt sie zu den Top-Sehenswürdigkeiten von Delft.
Für alle meine Leser aus Bad Arolsen (meine Heimatstadt) ist vielleicht interessant, dass auch Emma von Waldeck und Pyrmont, die Ehefrau von König Wilhelm III., hier bestattet ist.
Interessant fand ich die Geschichte des Grabes von Wilhelmine Friederike Louise Pauline Charlotte von Oranien-Nassau (1800-1806). Sie ist im Alter von 6 Jahren auf der Flucht vor Napoleons Truppen in der Gegend um Freienwalde in Brandenburg gestorben. Ihr Grab war über ein Jahrhundert verloren. 1911 kaufte der deutsche Politiker Walther Rathenau ein Grundstück in Freienwalde und fand dort das Grab der niederländischen Prinzessin. Er informierte das niederländische Königshaus, die Prinzessin wurde exhumiert und in Delft bestattet.
Wer die Neue Kirche besucht, sollte auch die Alte Kirche anschauen, denn das Ticket gilt für beide Kirchen. Die alte Kirche ist natürlich älter. Erbaut wurde sie im 11. Jahrhundert aus Holz, im 13. Jhdt als Steinkirche erneuert. Auch diese Kirche ist eine Grabeskirche, allerdings für bedeutende Einwohner der Stadt Delft. Der bekannteste Tote ist vermutlich der Maler Jan Vermeer, der „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ gemalt hat. Auch den Naturforscher Antoni van Leeuwenhoek könnte man kennen, er war der Erfinder des Mikroskops. Die Gräber vieler bekannter Seeleute oder Heerführer findet man hier. Ein Besuch der Kirche lohnt sich auch wegen den kunstvollen Sarkophagen und Epitaphen, denn gerade die aus der Barockzeit sind sehenswert.
Diese Kirche gehört nicht zu den empfohlenen Top Sehenswürdigkeiten von Delft, für mich ist es aber die schönste Kirche der Stadt. Erbaut wurde sie in den Jahren 1875-1882, in einer Zeit, als der Historismus modern war. Entsprechend prunkvoll ist der Innenraum gestaltet. Die Decken, die Wände sind mit Malereien bedeckt, die ans Mittelalter erinnern. Die floralen Elemente und kunstvollen Ranken geben einen Ausblick auf den Jugendstil. Der Stil der Kirchenmalerei erinnert an die englischen Präraffaeliten oder die deutschen Nazarener, beide Richtungen liebe ich sehr. Nach den eher nüchternen protestantischen Stadtkirchen ist diese hier eine Augenweide.
Das Museum ist eigentlich nur das Wohnhaus des Künstlers. Paul Tetar van Elven (1823-1896) war ein Maler des 19. Jahrhunderts, in Deutschland ist er nahezu unbekannt. Nebenbei war er begeisterter Kunst- und Antiquitätensammler, Lehrer und Kopist berühmter Werke. Für Studienzwecke kopierte er vor allem alte Meister und erreichte dabei eine unglaubliche Perfektion. Er starb kinderlos, daher vermachte er sein Haus und seine umfassende Sammlung der Stadt Delft, die es als Museum führt. Die nostalgische Einrichtung des Hauses hat mir sehr gefallen, die Werke des Malers auch. Das Museum ist zwar nicht groß, dennoch für mich absolut sehenswert. Man bekommt einen Einblick auf das Leben des Künstlers zur damaligen Zeit, seine Tätigkeit und seine Wohnverhältnisse.
Einige von Euch vermissen vermutlich das Vermeer-Center und die Delfter Fayencenmanufaktur. Die beiden Sehenswürdigkeiten tauchen in allen Top Ten Empfehlungen der Stadt auf. Ich hab mich gegen den Besuch dort entschieden. Zum einem sind zwei Tage nicht allzu lang, lieber wollte ich noch den Flair der Stadt genießen, in Ruhe einen Tee oder eine Schokolade trinken und durch die kleinen einzigartigen Shops bummeln. Zum anderen hatte ich Bedenken, dass es dort nicht allzu viel zu sehen gibt. Im Vermeer-Center erfährt man zwar einiges über das Leben und das Werk des Malers, doch dort hängt kein einiges Gemälde des Künstlers. Auch ist heute nicht viel über Vermeer bekannt, über sein Leben, seine Modelle gibt es vor allem Spekulationen.
Bei der Keramik-Manufaktur hatte ich Sorge, dass es eher ein großer Shop mit einem kleinen Museum ist. Historische Stücke und Geschichte der Delfter Keramik hätten mich interessiert, doch auf ein Shoppingausflug in die Manufaktur hatte ich keine Lust. Falls ich dort etwas verpasst habe, schreibt es mir.
Im Sommer lohnt sich bestimmt eine Bootsfahrt in den Grachten, denn vom Wasser ist die Stadt garantiert auch absolut schön. Doch auch im Winter hat mir der Ausflug nach Delft sehr viel Spaß gemacht. Die Stadt hat einfach diese niederländische Charme und Individualität wie Maastricht oder Deventer oder aber auch Amsterdam. Ich habe die Stadt sehr genossen, denn in Delft kann man sehr viele Sehenswürdigkeiten entdecken.
Den Haag liegt direkt neben Delft, diese Stadt hätte ich auch sehr gerne besucht, doch leider nicht geschafft. Wenn Ihr auf der Suche nach Tipps für Den Haag seid, dann schaut auf Nicolos Reiseblog vorbei.
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Schöner Bericht einer tollen Stadt. Wir waren vor wenigen Jahren dort. Haben ein Rundreise über Delft, Leiden, Gouda und Haarlem gemacht. Man mag gar nicht beurteilen, welche die schönste Stadt ist.
Leiden und Den Haag wollte ich auch besuchen, doch in Delft hat es mir so gut gefallen, dass ich einfach dort geblieben bin. Das nächste Mal sind die anderen Städte dran.
Das Bild vom Fahrrad finde ich soooo schön!
Danke für den tollen Beitrag.
Liebe Grüße!
Ja, auf die Idee kommen nur Niederländer :-).
Muss gestehen das mir Delft gar nicht sagte und ich daher erstaunt war das es die meistbesuchte Stadt der Niederlande nach Amsterdam ist. Muss ich mir mal merken.
LG Chrissi
Ich wusste es vorher auch nicht, hab ich von Wikipedia entnommen. Aber ich glaube es gerne, die kleine Stadt ist so toll.
Ich hatte Delft bisher auch überhaupt nicht auf dem Schirm… Nach Amsterdam die zweit meistbesuchte Stadt… das hätte ich gar nicht gedacht. Aber sieht alles so niedlich aus, dass sich ein Besuch ganz sicher lohnt. Vor allem mit Grachtenfahrt dann im Sommer.
Danke fürs Vorstellen liebe Eva!
Eigentlich hab ich auch nur ein Tag für Delft geplant, daraus sind dann 2,5 geworden und ich bin gar nicht mehr weitergefahren. Es ist eine tolle Stadt.
Herzliche Grüße!
Was für ein schöner Blog! Ich interessiere mich auch immer sehr für die Kultur und Geschichte der Orte, die ich bereise. Werde also gerne noch ein bisschen bei Dir stöbern 😉 Delft steht auch schon länger auf meiner Liste! Liebe Grüße, Steffi
Danke Dir! Ja, für mich sind Kultur und Geschichte immer am wichtigsten bei einer Reise, daher macht mir das Schreiben darüber viel Spaß. Delft ist auf jeden Fall eine Reise wert.