Das Schloss Seifersdorf erwähnte ich nur kurz in meinem Artikel über die Reise nach Radeberg. Seifersdorf habe ich zufällig entdeckt, wir sind vorbeigefahren und haben angehalten, um das Schloss anzuschauen. Das es eins der schönsten Schlösser in der Nähe von Dresden ist, sieht man sofort. Damals hab ich es nicht geahnt, das es so viel Wissenswertes über das Schloss gibt.
Frau Hantsche vom Förderverein Seifersdorfer Schloss e.V. entdeckte über Google meinen Post und versorgte mich mit vielen interessanten Informationen. Seifersdorf ist definitiv mehr als nur eine kurze Erwähnung wert. Also lest und staunt, was das für ein verstecktes und unbekanntes Kleinod ist.
Zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde Syffridisdorf im Jahre 1190, es war wohl eine Trumhügelburg, aus viel Holz und wenig Stein erbaut.
1530 bis 1535 wurde auf dem Gebiet der ehemaligen Burg ein Schloss im frühen Renaissancestil von Christoph von Haugwitz erbaut. 1586 verloren die Herren von Haugwitz die Besitzungen an Dietrich von Grünrod, das Schloss blieb bis 1747 im Besitz der Familie. Nach dem Tod des letzten Herrn von Grünrod ging das Schloss als Lehn an Heinrich von Brühl.
Die Familie von Brühl muss an dieser Stelle genauer beschrieben werden, da sie einige bedeutende Persönlichkeiten hervorgebracht hat. Der erste Besitzer war der Reichsgraf und Politiker Heinrich von Brühl, nach dem auch die Brühlschen Terrassen in Dresden benannt sind. Heinrich von Brühl (1700-1763) war sächsischer und polnischer Premierminister, er arbeitete für August I, den Starken, seinen Sohn, August II, den Schwachen und August III.
Sein Sohn, Hans Moritz von Brühl (1746-1811) und seine Frau Christina (Tina) waren sehr musikalisch-künstlerisch orientiert. Viele Berühmtheiten der Weimarer Klassik waren damals zu Gast in Seifersdorf, Friedrich Schiller, Johann Gottfried Herder, Christoph Martin Wieland, Caspar David Friedrich und Carl Maria von Weber. Ob Goethe in Seifersdorf verweilt hat, ist noch nicht erforscht, aber er pflegte über 40 Jahre lang regen Briefverkehr mit der Familie von Brühl. 90 Briefe sind noch heute in der Klassik-Stiftung in Weimar erhalten.
Carl von Brühl (1772-1837), Enkel von Heinrich, war Intendant der Berliner Königlichen Schauspiele. Unter seiner Intendanz wurde „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber uraufgeführt, teile der Oper wurden in Seifersdorf besprochen, vielleicht auch komponiert. Das Schloss wurde 1820 nach den Plänen von Carl Friedrich Schinkel im Stil der Neugotik umgebaut, Schinkel besuchte Seifersdorf 1817.
Johannes-Karl von Brühl (1818-1858) heiratete die schlesische Gräfin Ludmilla von Renard, die Familie trug seit dem den Namen von Brühl-Renard. Die Familie wohnte zum Teil auf dem Schloss Groß Strehlitz in Schlesien. Deren drei Kinder (Maria, Elisabeth und Karl) wurden in Groß Strehlitz bei Oppeln geboren. Das Schloss in Groß Strehlitz finde ich hier erwähnenswert, weil es fast meine Heimat ist. Heute ist es nur noch eine Ruine, die ich bisher leider nicht besucht habe.
Das Schloss Seifersdorf war von 1747 bis 1945 im Besitz der Familie von Brühl. Die Ehefrau des letzten Schlossherren Karl, Agnes wurde 1945 von ihrem Besitz vertrieben.
Besonders interessant fand ich die Information, dass die englische Monarchie aus Seifersdorf abstammt und zwar dank der Kammerzofe und dem Adjutanten des Grafen von Brühl. Als die Gräfin Christina Schleyerweber von Friedenau den Grafen von Brühl heiratete, brachte sie eine Kammerzofe mit. Diese Kammerzofe heiratete den Adjutanten des Grafen, sie bekamen ein Kind, das sie nach dem damaligen Schlossherren Hans Moritz tauften.
Hans Moritz Haucke bewährte sich in der Armee des russischen Zaren, wurde zum General und später zum polnischen Kriegsminister ernannt. 1892 ernannte der Zar ihn zum russischen Grafen. Seine jüngste Tochter Julie heiratete 1851 Prinz-Alexander von Hessen-Darmstadt, dank der Hochzeit erhielt sie den Titel Prinzessin von Battenberg. Die Kinder von Julie waren anscheinend begehrte Partien beim europäischen Hochadel. Marie heiratete den Fürsten Erbach-Schönberg. Ludwik heiratete Viktoria, Prinzessin von Hessen, sie lebten in England und nannten sich „Mountbatten“ (nach Battenberg). Alexander wurde Zar von Bulgarien. Heinrich heiratete die Tochter der Englischen Königin Viktoria. Der jüngste Sohn Franz Josef heiratete Anna, Prinzessin von Montenegro. Julie hatte viele Urenkel im europäischen Hochadel. Der bekannteste ist aber vermutlich Philipp Mountbatten, der Gemahl der englischen Königin Elisabeth, der Vater von Prince Charles. Aber auch König Juan von Spanien ist deren Urenkel.
Julie war aber nicht das einzige Kind von Hans Moritz Haucke. Seine älterste Tochter Emilie heiratete 1843 in St. Petersburg den baltischen Baron Karl von Stackelberg. Deren Enkelin Anna heiratete in den bayrischen Adel und ihre Tochter Nina heiratete 1933 Claus Schenk Graf von Stauffenberg, den Hitler-Attentäter. Nach dem misslungenen Anschlag wurde die Familie inhaftiert. Anna und ihre Familie starben 1945 im SS-Lager Matzkau bei Danzig.
So hat ein beachtlicher Teil des Adels seine Ursprünge in Seifersdorf.
Das Schloss ist ist immer am 1. Sonntag im Monat von 14.00 bis 17.00 Uhr geöffnet. Außerhalb der Öffnungszeiten sind auch
Führungen möglich, zwecks Terminvereinbarung sollte man sich an den Schlossverein wenden: www.schloss-seifersdorf.de. Die Räumlichkeiten können auch gemietet werden, fast bedauerlich, dass ich schon verheiratet bin.
Falls Ihr in Seifersdorf sein solltet, lohnt sich auch der Besuch der Kirche und des alten Friedhofs – die ich leider verpasst habe. In der Kirche kann man sieben Grabplatten der Familie von Grünrod und Gedenktafeln der Familie von Brühl sehen, auf dem Friedhof die Familiengruft und mehrere Gräber der Familie von Brühl. Nördlich von Seifersdorf findet man zwei alte Sühnesteine, von einem ist sogar die Mordgeschichte bekannt.
Ein Gedicht von Goethe zum Ausklang…
Vielen Dank liebe Frau Hantsche für die vielen sehr informativen Mails!
Das ist mal wieder ein zauberhaftes Schlösschen. Du entdeckst immer so schöne Dinge. Das ist so hübsch, da würd ich mir wirklich gleich eine Hochzeit darin vorstellen.
Ich finde es auch besonders interessant wer während der Weimarer Klassik damit so verbunden war.
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende, ela
das sind wundervolle bilder!
ich wünsche dir ein schönes wochenende!
Liebe Magwin,
na bitte, ich war vor kurzem im Schloss Seibersdorf *)und du im Schloss Seifersdorf :o)) Sehr schönes Gemäuer mit einer interessanten Geschichte! Und "die Autorin" macht sich vor dem Schosstor auch sehr gut! :o)
*) Falls du Rostrosen-Bilder von dort sehen möchtest, die findest du hier:
http://rostrose.blogspot.co.at/2015/04/uber-knallige-farben-einen.html
und hier:
http://rostrose.blogspot.co.at/2015/05/uber-kurze-rocke-schone-feiern-und.html
und dann auch noch in meinem vermutlich nächsten Posting.
Liebste Rostrosen-Wochenendegrüße
Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ
http://rostrose.blogspot.co.at/2015/05/rdl-5-uber-die-vorteile-des-alterwerdens.html
Shöene schloss, greeting from Belgium
Hallo Eva,
ganz herzlichen Dank für deinen Bericht – das hat mich sehr gefreut. Denn, meine Urgroßmutter war Köchin und Haushälterin auf dem Schloß in Großstrehlitz und meine ganze Familie ist schicksalhaft davon bestimmt (Flucht aus Oberschlesien, Oppeln, Großstrehlitz). Meine Oma hat in Großstrehlitz auch meinen Opa (ebenfalls ein Karl) geheiratet. Es ist sehr schön, zu erfahren, wie sich geschichtliche Zusammenhänge aus einer örtlichen Keimzelle heraus erstrecken und, auch Erinnerungen bereichert und lebendig werden lässt. Alles Gute für dich. Es hat mich wirklich sehr gefreut. Danke André
Das ist interessant, denn meine Großeltern waren auch in einem Schloss in Schlesien angestellt. Meine Großmutter war Haushälterin und mein Großvater Gärtner. 🙂
Das gibt´s doch gar nicht. Die Familie meiner Oma hieß Bioly und die meines Großvaters Nickel. Ich weiß auch, das der Vater meiner Oma dort bei einem Unglück mit dem Pferdewagen beim Eistransport umgekommen ist. Mein Opa Karl war dann später U-Boot Kapitän. So viele menschen haben ja in den Ortschaften nicht gewohnt. Sie müssen sich also gekannt haben…
Nee, meine Großeltern haben nicht in diesem Schloss, sondern in Fischbach gearbeitet, das ist unweit von Oppeln. Aber St. Anaberg kenne ich auch sehr gut.
Ach ja, ein weiterer Ort der Familie war St. Anaberg.