Je weiter man nach Süden kommt, desto morbider kann Italien werden, aber das wissen die wenigsten. Schon in Rom kann man die Kapuzinerkirche entdecken, die vollständig mit Schädeln und Knochen bedeckt ist. Der Schädelfriedhof von Neapel und die Mumien von Palermo sind weitere morbide Highlights im Süden Italiens. In Apulien findet man einzigartig düstere Sehenswürdigkeiten wie Mumien, Ossuarien oder Kirchen des Fegefeuers. In meinem heutigen Artikel zeige ich euch die düstere und morbide Seite Apuliens, denn auch der italienische Absatz bietet viele Sehenswürdigkeiten für Liebhaber des Makabren. Denn Italien hat nicht nur Meer und sonnige Strände zu bieten, ich zeige Euch das düstere Apulien.
Die Kathedrale von Bari ist über 1000 Jahre alt und natürlich eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Die alten, kargen Mauern des romanischen Bauwerks sind mystisch, es ist ein unglaublich stimmungsvoller Ort. Einzigartig sind jedoch die Krypten der Kathedrale von Bari, denn unter der barocken Krypta kann man die Ruinen der viel älteren Krypta aus dem 8. Jahrhundert besichtigen. In der Kathedrale findet man die Geschichte von 1200 Jahren. Unter der Kathedrale findet man die wirklich morbiden Sehenswürdigkeiten von Apulien.
In der barocken Krypta befindet sich ein besonderer Heiligtum. So wie die geschmückten Skelette der Katakombenheiligen im Alpenraum werden in den Kirchen Süditaliens oft mumifizierte Heilige ausgestellt. In gläsernen Särgen kann man die jahrhundertealten Gebeine bewundern. In der Kathedrale von Bari, der wohl bedeutendsten Kirche der Stadt, kann man die Heilige Columba bewundern. Dafür, dass Columba von Sens im dritten Jahrhundert nach Christus gelebt hat, ist sie heute noch sehr gut erhalten.
Columba soll die Tochter eines Fürsten von Sens oder Saragossa gewesen sein. Sie sollte den Sohn des römischen Kaisers Aurelian heiraten, war aber Christin und weigerte sich, einen heidnischen Römer zu heiraten. Sie wurde angeblich in einen Kerker gesperrt, sollte verbrannt werden, wollte aber nicht brennen, daher enthauptete man sie. Deshalb wird sie von der Kirche als Märtyrerin und Heilige verehrt.
Im 11. Jahrhundert wurde die Basilika San Nicola in Bari erbaut. Und zwar extra für die Aufbewahrung der Reliquien des Heiligen Nikolaus. Auch diese Kirche ist alt und mystisch. Doch hier pilgern die meisten Besucher in die Krypta, um zum Heiligen Nikolaus zu beten.
Den Heiligen Nikolaus gab es wirklich, er ist keine Erfindung für die Weihnachtszeit. Nikolaus war im 4. Jahrhundert n. Chr. Bischof von Myra, das heute unweit von Antalya in der Türkei liegt. Ihm werden viele karitative Werke und Wunder zugeschrieben, doch wirklich belegt ist nur wenig aus seinem Leben. Ursprünglich wurden die Reliquien des Nikolaus in Myra aufbewahrt. Er zählt bis heute zu den wichtigsten Heiligen der orthodoxen Kirche. Die europäischen Seefahrer stahlen jedoch den Schrein unter dem Vorwand, die Reliquien vor den Seldschuken zu schützen. Seit dem 11. Jahrhundert werden die Gebeine von Nikolaus in Bari aufbewahrt. Die Krypta der Basilika sieht aus wie eine orthodoxe Kirche und ist mit viel Gold, Mosaiken und ikonenähnlichen Gemälden geschmückt. Noch heute besuchen sehr viele orthodoxe Pilger die Reliquien des Heiligen Nikolaus.
Im Jahr 1953 wurde der angeblich bis dahin ungeöffnete Schrein geöffnet. Man fand einen Schädel und verschiedene Knochen. Es gibt aber noch eine große Anzahl weiterer Nikolaus-Reliquien in der Welt: z. B. jeweils ein Finger wird im Dom von Halberstadt und in Freiburg im Üchtland, in der Schweiz aufbewahrt. Aber Ihr wisst ja, wie das mit den Reliquien ist … Johannes der Täufer hatte sieben Köpfe.
“Abandoned all hope,
ye who enter here.”
Dante Alighieri, “Divina Comedia”
Matera ist einer der beliebtesten Touristenorte in Apulien, denn die Stadt zählt zu den ältesten Orten der Welt. In den Höhlensiedlungen rund um Matera lebten Menschen bereits vor Jahrtausenden. Die Bergsiedlungen gehören heute zum UNESCO-Weltkulturerbe und sind absolut sehenswert. Häuser, Wohnungen und sogar Kirchen sind in die Felsen gehauen. In meinem Artikel möchte ich jedoch auf eine düstere Sehenswürdigkeit eingehen: die Kirche des Fegefeuers.
Fegefeuerkirchen sind eine süditalienische Besonderheit – zumindest bin ich ihnen bisher nur im Süden Italiens begegnet. Wie der Name schon sagt, sollten sie als Mahnung dienen, dass Menschen, die nicht vollkommen sündenfrei sind, zuerst ins Fegefeuer kommen. Die Kirche ist auch eine Erinnerung an die Sterblichkeit, denn überall findet man Memento-Mori-Symbole. Gleichzeitig wird hier an die Seelen im Fegefeuer gedacht, also an all jene Seelen, die sich aktuell noch im Fegefeuer befinden und auf Erlösung warten.
Bereits vor dem Eingang wird deutlich, dass diese Kirche anders ist. Ihr Haupteingang ist vollständig mit Schädeln verziert. Auch an der Fassade befinden sich zahlreiche Schädel und Skelette. Als ich die Kirche betrat, war ich zunächst enttäuscht, denn es wurden zahlreiche Tugenden dargestellt. Erst am Altar fand ich wieder Schädel und Skelette sowie ein großes Gemälde des Fegefeuers. Es ist eine seltsame Kirche.
Oria ist eine kleine, sehr alte Stadt, deren Ursprünge bis in die Antike zurückreichen. Im Mittelalter war sie im Besitz der Staufer, woran die imposante Burg bis heute erinnert. Die Kleinstadt ist außerdem Bistumssitz, weshalb es dort eine überdimensional große Barockkathedrale mit einer Mumienkrypta gibt.
In der Basilika selbst weist jedoch kaum etwas darauf hin. Die Öffnungszeiten der Krypta sind auf einer Informationstafel zu finden. In einem Seitengang befindet sich eine Holztür mit einem Totenkopf. Mehr Hinweise auf diese morbide Sehenswürdigkeit gibt es nicht. Von der Mumienkrypta in Oria habe ich nur durch Instagram erfahren.
Um dorthin zu gelangen, muss man zuerst einige Stufen in eine kleine Kapelle hinabsteigen. Schon diese ist für Liebhaber des Makabren ein Genuss. Am Altar steht ein geschmückter Schädel und die Wände sind mit Fegefeuer-Darstellungen und Memento-Mori-Motiven verziert. Zur Krypta muss man weitere Treppen hinabsteigen. Dort gelangt man in ein Gewölbe, in dem mehrere mumifizierte Leichen hängen. Es sind etwa 16 bis 18 Mumien.
Die Mumien, die heute in der Krypta von Oria hängen, waren einst Priester der Gemeinde. Sie wurden einbalsamiert, um die Körper länger zu erhalten. Obwohl die Krypta seit Anfang des 16. Jahrhunderts existiert, sind die heutigen Mumien erst etwa 100 Jahre alt. Mit der Zeit verwesen die Körper doch. Wenn dies geschieht, werden die Mumien ersetzt und die Schädel auf einer Ablage oberhalb der Mumien platziert. Die ersten Mumien von Oria waren Opfer türkischer Angriffe. Die Region Apulien wurde sehr häufig von osmanischen Truppen angegriffen. Die Küstenstadt Otranto wurde mehrfach eingenommen und war lange von türkischen Streitkräften besetzt. Die Hinterbliebenen wollten einen Ort, an dem sie sich von den Opfern verabschieden konnten. Da die Krypta gleichmäßig kühle Temperaturen hat, wurden die Toten dort aufbewahrt. Diese Tradition der Aufbahrung wurde perfektioniert, sodass wir heute die einzigartige Mumienkrypta besuchen können.
Öffnungszeiten der Krypta: Die Öffnungszeiten sind sehr unterschiedlich und werden von Woche zu Woche per Aushang bekannt gegeben. Die bei Google hinterlegten Öffnungszeiten stimmten nicht. Als ich im März dort war, war die Krypta täglich von 10.00 bis 12.00 und von 16.00 bis 18.00 Uhr geöffnet.
Bücher haben mich nach Otranto geführt. Die erste Gothic Novel mit düsteren Geheimnissen und kettenrasselnden Geistern, „Die Burg von Otranto“ von Horace Walpole* und ist recht bekannt. Aber auch die historische Reihe „Die Kinder des Grals“ von Peter Berling* spielt zu großen Teilen in Otranto und Apulien.
Ein Ausflug nach Otranto ist wie eine Reise in die Vergangenheit. Die Altstadt ist malerisch und etwas düster. Als ich im März dort war, waren kaum Besucher in der Stadt und viele Geschäfte waren geschlossen. Wir waren oft allein in den engen Gassen und Durchgängen, was eine mystische Atmosphäre schuf.
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Als die türkischen Streitkräfte Ende des 15. Jahrhunderts in Apulien landeten, war die Hafenstadt Otranto ihr erstes Ziel. Die Stadt wurde blutig erobert, die Angreifer nahmen keine Rücksicht auf die Einwohner. Sie zogen von Haus zu Haus, töteten die Bewohner und zündeten die Häuser an. In der Kathedrale bot ein Priester vielen Gläubigen Zuflucht. Als die Soldaten die Kathedrale angriffen, töteten sie zuerst den Priester. Doch der Legende nach erhob sich sein toter Körper über die Angreifer und konnte nicht zu Fall gebracht werden. Erst als der letzte Geflüchtete tot war, fiel auch der Körper des Priesters zu Boden. Die Gebeine der Toten wurden zunächst im Ossuarium aufbewahrt. Im 18. Jahrhundert wurde eine Kapelle an die Kathedrale angebaut, die mit den Schädeln und Knochen der Märtyrer geschmückt wurde. Im Jahr 2013 sprach Papst Benedikt XVI. die 813 Märtyrer, die sich in der Kirche versteckt hatten, kollektiv heilig.
Der sonnige Süden Italiens ist sehr katholisch geprägt und von tiefer Gläubigkeit bestimmt. Im 18. Jahrhundert, der Barockzeit, erlebte die Gegend einen wirtschaftlichen Aufschwung und einen Bauboom. Dem Barock verdanken wir nicht nur die prunkvollen Bauwerke, sondern auch die Erinnerung an die Sterblichkeit. Der Umgang mit dem Tod war damals selbstverständlicher und anders als heute. Vor allem in dieser Zeit sind die vielen morbiden Orte in Apulien errichtet worden, die wir heute mit Schaudern und Faszination betrachten. Die heute gezeigten morbiden Ausflugsziele im düsteren Apulien sind nur eine kleine Auswahl, denn es gibt sehr viel mehr davon. Apulien kann sehr düster sein. Kennt Ihr weitere düstere und morbide Orte im Süden von Italien? Dann hinterlasst mir und den Lesern eine Empfehlung im Kommentar.
The Empire of the Death: A Cultural History of Ossuaries and Charnel Houses (Link zu Amazon.de)
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