Bretagne gehört vermutlich nicht zu den allerliebsten Reisezielen der Deutschen. Unverständlich für mich, ich bin begeistert, möchte Euch zeigen, wie interessant und vielseitig die Gegend ist. Die Landschaft, die touristischen Attraktionen erinnern manchmal an Cornwall oder Wales. Gutes Essen muss man dort aber nicht suchen, man findet es in jedem Dorf. Das Département Finistère, was übersetzt „Ende der Erde“ bedeutet, fühlt sich manchmal wirklich wie das Ende der Welt an. Die Landschaft ist rau, wild, auch karg. Die Bäume sind vom Wind schräg gewachsen. Die kleinen Dörfer sind zum Teil verlassen, zumindest im September war der Hauptstrom der Touristen schon abgereist. Es gibt keine Autobahnen hier, kaum Schnellstraßen, dafür viele schmale Wege, die hinter jeder Kurve eine neuen Ausblick zu bieten haben. Atemberaubende Szenerien, wilder Atlantik, historische Städte und prähistorische Bauten findet man überall in der Bretagne. Hier kommt nur eine kleine Momentaufnahme. Ich habe die Orte, die mir besonders in Erinnerung geblieben sind oder mich beeindruckt haben, ausgewählt.
Einen Schönheitspreis gewinnt Brest nicht. Die Stadt ist verbaut, gerade angelegte Straßen mit schlichten Häusern der 50-er und 60-er Jahre. Im II. Weltkrieg wurde Brest stark zerstört, die Folgen des Wiederaufbaus sind nicht schön geworden. Im Laufe der Zeit haben sie sogar noch mehr an Reiz verloren. Dennoch fand ich die Stadt sehr interessant, der Mix des hippen Verfalls hat mich gefesselt. Zwei interessante Museen, eine Burg und einen zum Teil verfallenen Friedhof habe ich in Brest entdeckt. Dieser Stadt habe ich einen gesonderten Post „Nicht schön aber sehenswert“ gewidmet, da ich glaube, dass sie unterschätzt wird. Eins möchte ich aber vorwegnehmen, Shoppen kann man hier sehr gut. Es gibt viele individuelle Geschäfte jenseits der großen Ketten.
Geheimnisvolle Ruinen gehören für mich zu den interessantesten Sehenswürdigkeiten einer Region. Meine Stamm-Leser kennen diese Leidenschaft. Die Abteiruine von Landévennec überzeugt nicht nur durch die sehr alte und interessante Geschichte, sie hat auch eine einmalig schöne Lage direkt in der Bucht von Brest.
Das Kloster wurde 485 n. Chr. von irischen Mönchen gegründet, später wurde es eine Benediktinerabtei. Nach der Gründung entwickelte sich die Abtei schnell zu einem der bedeutendsten Scriptorien in Europa. Scriptorien waren klösterliche „Schreibstuben“, die Mönche schrieben und malten Bücher, da es damals noch kein Buchdruck gab. Eins der wichtigsten Bücher des Mittelalters, das Evangeliar von Landévennec wurde im 10. Jahrhundert hier geschrieben – heute ist es in der Bodleian Library in London zu finden.
Im Museum kann man frühchristliche Stelen, frühchristliche Grabmäler mit irischen Inschriften bewundern. Aber auch Sarkophage, Gegenstände der Klostereinrichtung oder Repliken der frühen Inkunabeln. Die Ruine umfasst verschiedene Gebäudekomplexe. Grundmauern des Frühchristentums, Karolingische Kapelle und Anbauten aus dem 15. und 16. Jahrhundert sind dort, mehr oder weniger erhalten. Während der Französischen Revolution wurde das Kloster zerstört. Ein neues Gebäude nebenan wird heute noch von Benediktinern bewohnt.
Der Menez Hom, einer der höhsten Berge der Bretagne ist ein ehemaliger Vulkan. Mit 330 m ist es eher ein kleiner Berg, der Aufstieg ist mit keiner großen Anstrengung verbunden. Belohnt wird man mit unglaublich schöner Landschaft, blühender Heide und Ginster.
Menez Hom war der heilige Berg der Kelten, Beltane (die irische Walpurgisnacht) wurde hier gefeiert. 1913 fand ein Landwirt auf dem Berg den Kopf einer Bronzestatue einer keltisch-römischen Gottheit. Überlieferungen zufolge sollte es dort auch eine keltisch-römische Festung gegeben, das konnte von Archäologen jedoch bis heute nicht bewiesen werden.
Sagenhaft ist der Berg. Eine Legende dreht sich um den sagenumwobenen König Marc’h, der dem König Marke aus der walisischen Erzählung „Tristan und Isolde“ identisch sein soll.
König Marc’h (das keltische Wort Marc’h soll Pferd bedeuten) wurde auf dem Menez Hom Opfer eines Fluchs und bekam Pferdeohren. Seit dem wurde Marc’h Pferdekönig genannt. Auch sein Grab soll sich auf dem Heiligen Berg befinden.
Am Fuße des Berges, auf dem Feld nah der Straße nach Saint Nic kann den Dolmen Menez Lié bewundern.
Auf eine Meeresfrüchteplatte habe ich mich schon Wochen vor der Reise gefreut. Köstlich, abenteuerlich, experimentierfreudig und regional, so ist das Essen, welches ich mag. Eine Meeresfrüchteplatte mit verschiedenen Schnecken, Muscheln, Taschenkrebsen, Austern, Langusten und Gambas was das beste, was ich in der Bretagne gegessen habe. Frische Meeresfrüchte bekommt man dort an jeder Ecke. Fangfrische Austern kann man auf dem Markt oder direkt im Hafen probieren. Es gibt kaum ein Gericht, welches mich mehr an Urlaub erinnert wie Austern. Die Meeresfrüchteplatte bekommt man aber nur in guten Restaurants.
Algen sind auch eine Art Meeresfrüchte, es lohnt sich, diese zu probieren. Vielleicht in Kombination mit einem bretonischen Crêpe aus Buchweizen, Galette genannt.
Pont-Aven ist schön und pittoresk, es ist nur verständlich, dass sich so viele Künstler von dem Städtchen angezogen gefühlt haben. Mitte des 19. Jahrhunderts siedelte sich eine Gruppe Maler im Dorf an. Seit 1886 zog es auch Paul Gauguin und Paul Sérusier nach Pont-Aven, eine ganze Künstlerkolonie wurde gegründet, wichtige Werke des Impressionismus entstanden dort. Und das verschlafene Dorf wurde weltberühmt.
Heute ist Pont-Aven hauptsächlich ein Galeristen- und Touristenmagnet. Es gibt eine Fülle an Galerien in dem Städtchen. Nein, eigentlich besteht Pont-Aven nur aus Galerien, gelegentlichen unterbrochen von Cafés und Restaurants.
Ein Besuch im Musée de Pont-Aven lohnt sich. Dank einem Audioguide erfährt man viel über die Künstlerkolonie, die Stilrichtungen, das damalige Leben in der Bretagne und dessen Einfluss auf die Künstler.
Als Vorbereitung für eine Reise oder als Nachlese kann ich den Krimi um Kommissar Dupin von Jean-Luc Bannalec empfehlen „Bretonische Verhältnisse“. Er spielt nicht nur in der Stadt, sondern man erfährt auch sehr viel über die Geschichte des Ortes, die Künstlerkolonie und ihre heutige Bedeutung für Pont-Aven.
Concarneau wird auch „das kleine St. Malo“ genannt, da die kleine Altstadt vollständig von Mauern und Wasser umgeben ist. Ville Close wird die Altstadt genannt. In den Stadtmauern aus dem 14. Jahrhundert fühlt man sich wie im Mittelalter, zumindest abends, wenn die vielen Touristen weg sind. Ein Rundgang auf den Mauern lohnt sich, jede Ecke birgt eine andere, interessante Aussicht. Der Ort wurde übrigens im 10. Jahrhundert von den Mönchen von Landévennec erbaut. Eine Stadt, die vom Fischfang lebte, war Concarneau schon lange. Doch seit dem 19. Jahrhundert entwickelte sich die Stadt zu einem der Größten Thunfisch- und Sardinenhafen.
Für alle Fans vom Kommissar Dupin ist ein Besuch von Concarneau ein Muss, denn Dupin ist dort zu Hause. Einige der Restaurants und Cafés kennt man aus seinen Büchern.
In Plouhinec, wurden direkt mehrere megalithische Stätten entdeckt. Entlang eines ca. 1,5 Km langen Küsten-Wanderweges kann man die verschiedenen Bauwerke der Alt- und Jungsteinzeit bewundern. Im Informationszentrum „Centre d’interprétation de Menez Dregan“ bekommt man Informationen, wie die Menschen gelebt haben und wozu die Steine dienten.
Der Weg führt an einer neolithischen Necropole vorbei, an einem Dolmen, mehreren Menhiren, einer Höhle und einem Galleriegrab. Die Necropole fand ich sehr interessant, sie besteht aus einem Cairn und mehreren kleinen Dolmen. Der Aufbau erinnerte mich ein wenig an die megalithischen Tempel von Malta.
Welches dieser Landzipfel reizvoller ist, kann ich nicht entscheiden. Beide sind einen Besuch wert. Pointe de Raz ist der westlichste Teil des französischen Festlands. Die Landschaft, die Felsen, die steilen Klippen sind atemberaubend. Entsprechend beliebt ist die Landespitze. Vermutlich besucht fast jeder Tourist das Kap. Pointe de Pen-Hir, ein etwas nördlich gelegenes Kap ist mindestens genau so dramatisch, aber viel unbekannter. Zwar findet man dort auch einige Touristen, jedoch keine Busreisen.
Ein Schmuckstück einer Altstadt ist Quimper. Obwohl Quimper mit etwas über 60.000 Einwohner zu den Kleinstädten zählt, ist es überraschend lebendig und vielseitig. Es macht Spaß, durch die kleinen Gassen zu schlendern, in der Markthalle Spezialitäten zu probieren oder in einem der vielen Cafés die Sonne zu genießen und Leute zu beobachten. Auch das Museum der Schönen Künste von Quimper hat viele interessante Werke zu bieten. Es ist klein, es ist nicht die erste Liga, dennoch sind sowohl die Dauer- als auch die Wechselausstellungen sehr sehenswert.
Dieses kleine Städtchen müsste eigentlich an oberster Stelle kommen, denn es hat so viel Sehenswertes. Ich denke, ich muss auch hier noch einen zweiten Artikel schreiben. Für diese Stadt habe ich ursprünglich eine Stunde eingeplant, verbracht haben wir dort den ganzen Tag.
Im Hafen kann man einen „Schiffsfriedhof“ bewundern, einige alte Wracks modern dort. Direkt dahinter findet man einen Festungsturm, den Turm von Vauban. Entworfen von dem Baumeister Sebastien Le Prestre (1633-1707) de Vauban gehört der Trum mit einigen anderen Festungsanlagen zum UNESCO-Welterbe.
Die (für mich) wirklich interessanten Sehenswürdigkeiten findet man etwas abseits der Stadt. Die Menhire von Lagatjar bestehen aus mehreren Reihen, ähnlich wie in Carnac. Heute ist das Feld mit den Steinreihen relativ klein, früher hatte es aber die Ausmaße von Carnac. Die Steine wurde im Laufe der Jahrhunderte zerstört, für den Hausbau missbraucht.
Direkt dahinter findet man die Ruine der Villa des französischen Schriftstellers Saint-Pol-Roux. Zusammen mit Auguste de Villiers de L’Isle-Adam gehört Roux zu den bedeutendsten französischen Symbolisten.
Ich hoffe, ich konnte Euch ein wenig von der Vielseitigkeit der Bretagne überzeugen. Das Finistère ist unglaublich abwechslungsreich, ich bin überzeugt, dass hier jeder etwas interessantes findet. Es ist das gälische Stückchen Frankreichs, ein gelungener Mix aus Legenden und Industrie, aus rauer Landschaft und sanften Küsten. Wie so oft war eine Woche viel zu kurz. Denn obwohl ich weiß, dass ich nicht alles sehen kann, möchte ich es dennoch versuchen.
Übrigens, den Vorurteilen des sturen Franzosen oder der unhöflichen Kellner möchte ich widersprechen. Obwohl mein französisch eher spärlich ist, waren die Franzosen geduldig und hilfsbereit und deutlich entspannter, als in anderen Teilen Frankreichs.
Meinen Tipp für eine günstige Übernachtung in Frankreich ist ein Mobilheim.
Das sieht nach einem tollen Urlaubsziel aus. Bei der Meeresfrüchteplatte wäre ich allerdings überfordert. LG, Andrea
Liebe Eva,
der erste Absatz Deines Beitrags hat schon ausgereicht, um in mir den Wunsch nach „Da-will-ich-auch-hin“ laut werden zu lassen.
Deine stimmungsvollen Fotos und interessanten Texte machen sehr neugierig und allein schon der Name „Ende der Welt“ ist ja der Knüller.
Ich freue mich auf die Extra-Berichte! 🙂
Jaaa, es ist unglaublich schön dort, wenn man eher die wilde Einsamkeit mag. Ich bin total verliebt in die Bretagne!
Ich bin überzeugt, dass es Euch auch gefallen wird.
Danke Dir!
Toll, Abtei Ruinen mit Palmenbepflanzung, zwei gute Sachen zusammen 🙂 und die vielen Dolmen in der Landschaft erinnern wirklich eher an die Britischen Inseln – und die sonstigen Ruinen von Schiffen bis Autorenvillen… oh die Geistergeschichten, die es dort wohl gibt/geben könnte 🙂
Das Buch von Kommissar Dupin kam mir auch so bekannt vor… und siehe da, ich habe dieses und das nächste Buch der Reihe schon, sollte ich wohl mal lesen ^^
In der Bretagne gibts soo vieles zu entdecken, da fällt es mir immer schwer eine Auswahl zutreffen. Deine 10 Punkte sind gut gemischt und Crozon mein persönlicher Favorit. Dank der Krimi Reihe finden sich hier in der Bretagne immer mehr Deutsche ein. Ich denke viele werden wieder kommen…
Natürlich ist eine Auswahl schwer! Es war mein dritter Besuch in der Bretagne und ich entdecke immer wieder neue und wunderschöne Ecken. Ich bin überzeugt, dass ich bald wieder hinfahren werde.
Toller Bericht. Bin seit Jahren Bretagne Fan und mein Ziel ist immer wieder die Region St. Malo. Liebe es dort zu sein. In 2018 waren wir auch ein paar Tage in Dinan in einem Hotel direkt an der Rance. Es ist herrlich dort, alle diese fantastischen Bauten aus Fachwerk. Man fühlt sich in einen andere Zeit zurückversetzt. Für 2019 habe ich eine Tour in der Normandie geplant. Beginn ist in Honfleur , von da aus Tagesbesuch der Kathedrale in Lisieux. Dann weiter nach Quistreham, Bayeux bis rauf zum Monument Omaha Beach. Danach rüber nach Granvillemit Abstecher St.Malo und Dinan. Das alles mit einem Wohnmobil.
Das ist auch so ein unglaublich schönes Fleckchen Erde, auch ich könnte immer wieder hinfahren.
Hallo Eva,
vielen Dank für die tollen Tipps. Für uns geht es im Mai in die Bretagne. Brest steht auf jeden Fall auf der Liste. Ich bin schon sehr gespannt, was uns dort erwartet und wenn ich deine tollen Fotos sehe, könnte ich eigentlich auch schon sofort losfahren.
Viele Grüße
Peggy
Ich liebe die Bretagne sehr, denn es ist ein Mix aus britischen Geheimnissen und Legenden und französischem Lifestyle.
Bretagne, ein Traum !!
Dieses Jahr 2020 geht es wieder in die Bretagne ! Erste Übernachtung in Amien , dann weiter nach 22410 Saint-Quay-Portrieux und Umgebung (Saint Brieuc / Paimpol). Von dort weiter nach Roscoff und Umgebung. Die Rücktour Richtung nach Hause wird gekrönt mit einer Übeernachtung in St. Malo ! Wäre ein NOGO wenn ich dort nicht bleiben würde, in meinem Wohnzimmer !!
Die Bretagne ist ein Traum, eins der schönsten Fleckchen der Erde…direkt nach Schottland.
Das stimmt, Schottland ist sehr schön, habe ich schon zweimal bereist. Es wird sicherlich ein drittes mal geben, aber vorher geht es nach Irland.
kleine korrektur am rande: Belatne (die irische Walpurgisnacht) – hast sicher beltane gemeint 😉
bis heuer das 20. mal in der bretagne. und es ist immer noch nicht genug.
genieße die zeit und servus aus dem sonnigen süden
saharawilli ☮
Danke! Buchstabendreher…schon korrigiert