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Hildegard von Bingen, die Heilerin und Seherin und ist vermutlich die bekannteste Tochter der Stadt. Das von ihr gegründete Kloster befand sich auf dem Rupertsberg in Bingen – daher auch der Name Hildegard von Bingen. Vom Kloster ist heute kaum etwas übrig, doch in Bingen gibt es einige Stationen, die heute noch an das Leben und Wirken der berühmten Frau erinnern. Daher zeige ich Euch die wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Bingen, wo man heute noch die Einflüsse von Hildegard spüren kann.
Das Museum am Strom ist eigentlich ein Stadtmuseum von Bingen, dennoch hat das Museum sehr viel mehr zu bieten als ein gewöhnliches Stadtmuseum. Ein großer Teil des Museums ist Hildegard gewidmet. Man erfährt sehr viel über ihr Leben, ihre Umgebung, ihr Prophezeiungen und ihre Musik, aber auch über Personen, die ihr nahe standen und sie beeinflusst haben. An Hörstationen kann man die von Hildegard komponierte Musik anhören und man kann die Abbildungen der Visionen aus ihren Werken in Großaufnahmen sehen. Sie wirken fast surreal und abstrakt und sehr modern.
Vor meiner Reise nach Bingen war die Heilige Hildegard eine kräuterkundige Nonne für mich, ich wusste nicht viel über sie. Die Vielfalt ihres Wirkens, ihre Einflüsse auf die höchsten Kreise waren mir völlig unbekannt. In der Ausstellung im „Museum am Strom“ lernt man die verschiedenen Facetten von Hildegard von Bingen kennen. Sie war natürlich eine heilkundige Nonne, aber auch eine eine Visionärin, eine Komponistin, eine Kämpferin für den Glauben und vielleicht die einflussreichste Frau ihrer Zeit.
Der Schwerpunkt der Ausstellung ist der Einfluss von Hildegard auf bedeutende Männer ihrer Zeit. Diese Frau hatte Einfluss auf zwei Päpste und den Kaiser, wir sprechen hier von einer Frau im Mittelalter. Sogar heute sind so bedeutende Frauen noch eine Seltenheit. Hildegard führte regen Schriftverkehr mit den damals wichtigsten Männern, darunter mit den Päpsten Eugen III. und Anastasius IV., mit Bernhard von Clairvaux, dem Gründer zahlreicher Zisterzienserordens. Diese Männer vertrauen und glaubten ihr.
Mit dem Kaiser Friedrich Barbarossa soll sich Hildegard sogar getroffen haben. Bewiesen ist das Treffen jedoch nicht. Aus ihrem Schriftverkehr mit dem Kaiser sind fünf Briefe erhalten. In den frühen Briefen schreibt sie beratend und lobend, später kritisiert sie sein tun und rügt ihn. Nur ihre Stellung als vom Papst anerkannte Seherin hat ihr so eine Offenheit gegenüber dem Kaiser ermöglicht.
Hildegard wirkte in der Tradition großer Seherinnen, der Sibyllen, denn schon in der Vergangenheit waren es weise Frauen, die die großen Herrscher berieten oder sie durch Prophezeiungen unterstützten. Ihr Vorbild war Sibylle, eine mythologische Prophetin aus der Antike, die die Zukunft voraussagt. Die weiblichen Visionärinnen waren vielleicht die einzigen Frauen ihrer Zeit, die Kaiser, Könige und Päpste kritisieren und belehren durften. In der Ausstellung lernt man auch andere weibliche Prophetinnen und Beraterinnen kennen.
Karl der Große wurde von einer gebildeten Frau unterstützt, seiner Schwester Gisela von Chelles, der Äbtissin des Kloster Chelles. Sie pflegte nicht nur regen Briefverkehr mit Karl dem Großen, sondern auch mit seinen wichtigsten Gelehrten. Ihr Einfluss und ihre Ratschläge wurden häufig angenommen.
Auch Kaiser Otto der Große hatte seine persönliche Beraterin, Roswitha von Gandersheim. Sie war Kanonisse im Stift Gandersheim und verfasste neben historischen Berichten auch Dramen. Sie gilt daher als die erste deutsche Dichterin.
Eine weitere berühmte und gelehrte „Königsflüsterin“ war Brigitta von Schweden (1303-1373). Auch sie hatte Visionen und fungierte als Beraterin von Adeligen, darunter König Magnus II. und zwei Päpste.
„Das christliche Volk wird versuchen, mit Waffen Widerstand zu leisten. Dann wird ein heftiger Wind vom Norden her mit undurchdringlichem Nebel und sehr dichtem Staub kommen und nach göttlicher Anordnung sein stürmen gegen jene Heiden richten. So werden die gläubigen Kinder Gottes in seinem Schutz gehen und sich auf die Feinde stürzen und durch die Kraft Gottes Sieger über sie werden. Die einen werden sie dem Tod ausliefern, die anderen aus ihren Gebieten vertreiben.“
Was hier wie ein Ruf religiöser Fundamentalisten klingt, ist eine der Visionen von Hildegard von Bingen. Sie war eine glühende Befürworterin der Kreuzzüge und der Bekehrung von Slawen. In der Ausstellung wird ihre Beziehung zu der Adelsfamilie von Sponheim verdeutlicht, deren wichtigstes Ziel die Christianisierung von Heiden war. Hier wird klar, was für einen starken Einfluss die Sponheimer auf Hildegard hatten, denn nach jedem Besuch der Sponheimer thematisierte Hildegard die Notwendigkeit der Christianisierung in ihren Briefen.
Nach der Ausstellung war ich völlig fasziniert von den vielen Gesichtern der Hildegard von Bingen. Das Bild der langweiligen Nonne, die in ihrem Kloster sitzt und ihre Kräutertränke braut, hat sich nun völlig gewandelt. Hildegard war vielleicht die mächtigste und einflussreichste Frau ihrer Zeit in ganz Europa und das als Frau im Mittelalter. Eine weitere Erkenntnis aus der Ausstellung war, dass jede Zeit sich ihre eigenen Hildegard bildet. Vielleicht sind ihre Facetten daher so vielfältig.
Das Kloster Rupertsberg, welches von Hildegard von Bingen erbaut wurde, ist heute nicht mehr erhalten. An der Stelle wurde im 19. Jahrhundert aber die Hildegard-Gedächtniskirche gebaut. Erhalten geblieben sind lediglich 5 Säulen, die in das Kellergewölbe der Kirche integriert worden sind. In der Hildegard-Gedächtniskirche befindet sich ein Schrein mit Reliquien der Heiligen Hildegard und des Heiligen Ruperts. Hier kann man auch kunstvolle Glasfenster sehen, die vom Leben der Heiligen Hildegard erzählen. Die sogenannten „Barbarossa-Fenster“ zeigen auch die Begegnungen von Hildegard von Bingen und Kaiser Barbarossa.
Seit Mitte September 2020 ist die Kirche für die Öffentlichkeit zugänglich und wurde zum „Hildegardzentrum auf dem Rupertsberg“ ausgebaut. Zwischen 10.00 und 16.00 Uhr können Interessierte die Kirche und das Hildegardzentrum besuchen.
Auf den Spuren der Hildegard von Bingen lohnt sich auch ein Ausflug zur Rochuskapelle, die sehr malerisch zwischen Weinbergen liegt. Denn Neben dem Hildegardaltar aus dem 19. Jahrhundert befinden sich dort zwei Reliquien von Hildegard.
Unweit der Rochuskapelle befindet sich das Hildegard-Forum, ein Bildungszentrum, das der Heiligen Hildegard gewidmet ist. Geführt wird das Hildegard-Forum von Kreuzschwestern, einer katholischen Ordensgemeinschaft. Erbaut wurde es anlässlich des 900. Geburtstags von Hildegard. Ganzheitlichkeit und Nachhaltigkeit gehörten schon vor fast 900 Jahren zu den Idealen von Hildegard, daher werden die Gedanken hier aktiv umgesetzt. Das Hildegard-Forum ist ein Ort der Besinnung und ein Ort der Begegnung. Es gibt hier ein Gästehaus und ein Tagungszentrum. Ein Kräutergarten informiert die Besucher über die Hildegard-Medizin. Aber auch jeder Tourist kann hier vorbeikommen, zum Mittagessen oder zum Café, denn hier wird selbst gekocht und gebacken. Es gibt einen kleinen Laden mit „Hildegard“-Produkten, Büchern und Lebensmitteln. Am Wochenende wird ein Frühstücksbuffet angeboten. Im Vorfeld sollte man sich aber auf der Webseite des Hildegard-Forums über die Öffnungszeiten des Bistro informieren.
Die Kirche wurde erst mehr als 200 Jahre nach Hildegards Tod erbaut, doch die romanische Krypta der Kirche stammt aus dem 11. Jahrhundert. Die Krypta wurde schon genutzt, als Hildegard im Kloster auf dem Rupertsberg lebte und wirkte. Man kann fest davon ausgehen, dass sie die Krypta der Basilika kannte und diese auch bestimmt für Andachten besucht hat.
Eigentlich hat die Burg Klopp in Bingen nichts mit Hildegard zu tun, dennoch gibt es manchmal seltsame Zusammenhänge, die ich unglaublich faszinierend finde. Der bekannte Renaissance-Künstler Matthias Grünewald, der für seinen Isenheimer Altar (in Colmar zu finden) berühmt ist, war nicht nur Kunstmaler, sondern auch Brunnen- und Kaminbauer. Der berühmte Grünewald wurde engagiert, um den Brunnen der Burg Klopp zu restaurieren. Während seiner Arbeit im Burggarten sah er täglich das Kloster Rupertsberg, das auf einem Berg gegenüber der Burg lag. Das Kloster inspirierte ihn so sehr, dass er es im Isenheimer Altar verewigte. Bis heute können wir am Isenheimer Altar sehen, wie das Kloster Rupertsberg in der Ferne ausgesehen hat.
Der beste Weg, um Bingen auf den Spuren der Hildegard von Hildegard von Bingen zu entdecken, ist der Hildegard-Weg. 17 Stationen zeigen Orte und Sehenswürdigkeiten, die schon zu Lebzeiten von Hildegard existierten, von ihr erwähnt wurden oder die heute an ihr Wirken erinnern. Der Weg führt aber auch zu Gastronomie und zum Einzelhandel, wo Produkte angeboten werden, die etwas mit Hildegard zu tun haben.
Vor einer Reise lese ich ganz gerne Bücher, die mit meiner Reise zusammenhängen. Das vermittelt nicht nur etwas Wissen, sondern beflügelt auch die Fantasie. Vor meiner Reise nach Bingen habe ich zu dem historischen Roman „Der Fall Hildegard von Bingen“ von Edgar Noske** gegriffen. Anhand eines halb fiktiven Kriminalfalls wird hier sehr detailliert das Leben, der Klosterbau und das Umfeld von Hildegard geschildert. Auch wenn sprachlich das Buch keine Offenbarung ist, ist es eine kurzweilige Geschichte, die gut recherchiert ist. Schon im Buch bekommt man einen Einblick, wie groß die Bedeutung der Heiligen Hildegard war. Im „Museum am Strom“ findet man Informationen zu allen bedeutenden Charakteren des Buches. Ich bin fast geneigt zu glauben, dass der Autor sein Wissen aus dem Museum hat.
Hildegard von Bingen als Komponistin war mir bis dato unbekannt. Als ich aber entdeckt habe, dass mein Lieblingsregisseur David Lynch (Twin Peaks oder Mulholland Drive) zusammen mit Jocelyn Montgomery eine Platte mit Werken von Hildegard von Bingen aufgenommen hat, musste ich unbedingt reinhören. Die Musik von Hildegard ist mit Elektro unterlegt. Diese Version gefällt mir sehr.
Vor meiner Reise nach Bingen war Hildegard mir zwar bekannt, jedoch wenig interessant. Erst während meiner Reise habe ich die unglaublich vielseitige Frau kennen gelernt. Hildegard war eine Frau mit Bildung und Einfluss, etwas was im Mittelalter bei Frauen sehr selten und nur in einem Kloster möglich war. Sie war nicht nur eine kräuterkundige Frau, sie war ein Universalgenie und hatte sehr viele verschiedene Betätigungsfelder. Die verschiedenen Facetten dieser Frau finde ich sehr spannend. Umso schöner fand ich es, Hildegard an den Originalschauplätzen zu entdecken. Es gibt viele Stationen, die heute noch an Hildegard erinnern.
* Dieser Artikel ist in Kooperation mit Bingen Tourismus entstanden. Vielen Dank für die schöne Reise.
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Hey, ich fand die Dame schon immer sehr interessant.
Ich wünsche dir einen guten Start in die neue Woche!