Zu diesem Buch habe ich gegriffen, weil es in einem Sachbuch über Vampire mehrfach als besonders stimmungsvoll angepriesen wurde – mit Vampiren hat das Buch aber nichts zu tun….
Brügge als Stadt finde ich wunderschön, die Stadt ist Geschichte, in jedem Winkel spürt man Nostalgie.
Ich verpacke meine Buchrezensionen sehr gerne in Bilder, daher gibt es heute nicht nur die Rezension des Buches, sondern auch einige Fotos aus Brügge – wie gesagt, wundervolle und sooooo sehenswerte Stadt.
Jetzt aber zurück zum Buch…
Georges Rodenbach (1855-1898) war ein belgischer Dichter und Autor, der zum Fin de Siècles gelebt hat und der Epoche des Symbolismus zugeordnet wird. Leider ist er heutzutage fast unbekannt, ich habe dem Buch nur Beachtung geschenkt, weil ich allen Büchern vom Festa-Verlag grundsätzlich viel Aufmerksamkeit schenke.
Neben der düsteren und beengten Atmosphäre haben die Geschichten von Rodenbach eins gemeinsam, sie behandeln alle das Thema Vergänglichkeit, jedoch aus sehr verschiedenen Perspektiven.

Die titelgebende Geschichte „Das Tote Brügge“ handelt von einem Witwer, der am Tod seiner Ehefrau zerbricht. Die dunklen Gassen und das graue Wetter spiegeln seine Trauer wieder, er scheint an seiner Trauer und an seiner Stadt zu zerbrechen. Bis er eines Tages das Ebenbild seiner Frau trifft… diese Frau gleicht seiner tote Ehefrau jedoch nur äußerlich und eine Liason mit ihr nimmt eine tragische und morbide Wendung. Diese Geschichte hätte auch von Edgar Allan Poe stammen können.

Auch die andere Geschichten aus diesem Buch erzählen von Sterblichkeit, Irrsinn, Flüchtigkeit, Depression, Melancholie…

In der Geschichte „Im Zwielicht“ diskutieren verschiedene alternde Wissenschaftler, ob die Liebe nur ewig währt, wenn man sich gemeinsam umbringt. Die Erzählung „Der Spiegelfreund“ berichtet von einem Mann, der sich immer mehr von seinen Mitmenschen zurückzieht und sich von Spiegeln umgibt und dort seine Gesellschaft findet. „Der Leichenkutscher“ genießt sein Leben und und geht seiner Arbeit sehr gerne nach – er hat aber noch nie im Leben eine wirkliche Leiche gesehen. Als er sich entschließt, eine Leichenhalle zu besuchen, nimmt sein Dasein eine tragische Wendung. Oder in der Erzählung „Die Stadt“ verlässt ein frisch verliebtes Pärchen das verruchte und laute Paris, um im romantischen Brügge ihr Liebesleben zu genießen. Doch in der dunklen und wolkenreichen Stadt verdüstert sich auch immer mehr die Liebe und die Leidenschaft der beiden.

Das waren nur einige Beispiele, das Buch enthält insgesamt 20 Kurzgeschichten und ein Gedicht.

Ich habe das Buch sehr genossen, ich mochte die trübe, bedrückende und schwermütige Atmosphäre. Am meisten habe ich aber die symbolreiche Sprache von Rodenbach genossen.

Lest aber selbst, hier einige Beispiele:

„So verkörperte die Stadt, die einst auch schön und geliebt gewesen war, den Gegenstand seiner Sehnsucht. Brügge war seine Tote und die Tote war Brügge. Ein gleiches Schicksal vereinigte beide. Das tote Brügge war selbst bestattet im Grabe steinerner Grachten und erstarrt waren die Adern seiner Kanäle, verebbt der große Pulsschlag es Meeres.“

„Die hohen Türme in ihren steinernen Kutten warfen ihren Schatten auf alles. Und es war, als ginge von den zahllosen Klöstern eine Verachtung allen Fleisches und seiner geheimen Begierden aus, eine ansteckende Verherrlichung der Keuschheit.“

Rodenbach empfehle ich jedem, der Freude an melancholischen, dunklen und zum teil grotesken Erzählungen hat und der gerne Poe liest.

In Brügge spielt übrigens auch ein grandios toller Film „Brügge sehen und sterben“ – das letzte Foto ist vom Königin-Astrid-Park – ich habe die Alkoven gesucht – dort gibt es allerdings keine Alkoven. Alle, die den Film gesehen haben, werden jetzt meine Enttäuschung verstehen.

Die Ausgabe von Festa, die ich auf dem Bild zeige, ist zur Zeit leider vergriffen, das Buch gibt es aber noch in einer Reclam-Ausgabe (ich weiß aber nicht, ob alle Kurzgeschichten darin enthalten sind, da das Reclam-Buch 70 Seiten weniger hat) oder als eBook.

Maeg

Erstellt am März 3, 2013

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3 Antworten zu “Das Tote Brügge von Georges Rodenbach”

  1. Carolina sagt:

    Hallo Maegwin,
    It's very elegant your blog. Interesting also the review of this book and its author… and Brujas is very nostalgic city, i love it.
    Best regards.

  2. Das klingt gut! Das wäre auch ein Buch nach meinem Geschmack. Die Bilder von Brügge finde ich auch sehr ansprechend, muss eine tolle Stadt sein.

  3. Lli Lian sagt:

    Das Buch scheint genau nach meinem Geschmack zu sein, denn ich liebe Poe und Poe-ähnliches sehr. Danke für für den Tipp. 😉 Wenn ich nur alleine schon das Wort "Brügge" höre, muss ich unweigerlich an das Mittelalter denken, an all die Waren die dort unterwegs waren, all der Handel der dort betrieben wurde und das macht mir glatt Lust am Wochenende mal wieder eine Runde "die Gilde" zu spielen. 🙂
    LG Llil

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